Frau Dr. Imma Müller-Hartburg, Gynäkologin und ärztliche Direktorin des St. Joseph Krankenhauses in Wien, legt ihren Patientinnen nahe, die Lesefreudigkeit besser mit einem schönen Liebesroman oder der Tageszeitung zu verbringen. Das ist aufregend genug! Ein Gynäkologe Ihres Vertrauens, die beste Freundin, die mit Rat und Tat zur Seite steht und evtl. eine Hebamme, die Sie während der 9 Monate begleitet, bildet stattdessen das perfekte Team, um Fragen zu beantworten und é„ngsten entgegenzuwirken . „Obwohl ich meinen Patientinnen diese Tipps gebe, fiel mir auf, dass ich immer mit denselben Fragen konfrontiert wurde und so habe ich in einem Ratgeber („1001 Verbote in der Schwangerschaft“) alles zusammengefasst“.
Wir möchten demnächst ein Kind – wie sollen wir uns verhalten?
Am Besten niemanden davon erzählen! Das mag komisch klingen, aber eine einfache Logik steckt dahinter. Manchmal dauert es nun einmal länger, bis tatsächlich das ersehnte Baby unterwegs ist. Pille und Kondom absetzen und erwarten, dass der „Funke“ sofort überspringt, spielt es einfach nur selten! Manchmal kann schon ein Jahr vergehen, bis sich Nachwuchs einstellt und wer will schon ständig gefragt werden, ob es denn nun schon endlich soweit ist? Zudem löst das zusätzlichen Druck aus und das Unterbewusstsein signalisiert dem Körper abwehrend zu reagieren und verweigert geradezu eine Empfängnis! Also locker bleiben und bei Fragen, wie: „Warum habt ihr noch kein Baby?“ die Gehörgänge am Besten auf Durchzug schalten.
Nach lange Pilleneinnahme – langsamer schwanger?
Es kommt tatsächlich immer wieder vor, dass Frauen, die über einen längeren Zeitraum die Pille eingenommen haben, nach deren Absetzen etwas länger brauchen, damit ihr Zyklus sich wieder einpendelt. Nur keine Sorgen machen, das kann auch ein Vorteil sein, man macht sich nicht mit allzu genauen „Rechenversuchen“ das Leben schwer und setzt sich dadurch weniger unter Druck – ein guter Weg, möglichst schnell schwanger zu werden!
Bin ich zu alt für ein Baby?
Bei dieser Frage gibt es nein oder ja als Antwort. Vielleicht wird eine Frau, die mit 20 oder 22 ein Baby bekommen hat, sich mit 35 zu alt für ein weiteres fühlen (leider daher auch glauben, dass andere dafür auch zu alt sind). Eine Frau, die mit 33 ihr erstes Baby bekommen hat, wird sich vielleicht mit Ende 30 oder mit 40 doch noch ein Baby wünschen, vielleicht weil sie nicht den Eindruck hat, noch einmal von vorne zu beginnen. Das Argument, mit Mitte 30 doch bereits als Risikoschwangere zu gelten zählt nicht – eine Garantie für 100% gesundes Leben gibt es ohnehin nicht, weder für die 20 jährige werdende Mutter, noch für die 40 jährige. Wer kann schon besser beurteilen, als die Frau selbst, ob und wann sie sich bereit und fit für ein Baby fühlt – keiner, außer Sie selbst!
Welche Untersuchungen gibt es und wie sinnvoll sind sie?
Alle Untersuchungen in der Pränataldiagnostik beruhen auf Freiwilligkeit und nicht darauf, dass sie Sie machen müssen weil es Ihr Arzt oder Ärztin gesagt hat, sie sollen sich selbst eine Meinung bilden und sich dann entscheiden.
Dr.Müller-Hartburg möchte keinesfalls eine bestimmte Meinung vertreten, sondern lediglich ein paar Hintergründe erklären, die eine Entscheidung erleichtern:
Fruchtwasseruntersuchung:
wird meist in der 16./17. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Das Ergebnis liegt zwei bis drei Wochen später vor. In dieser Zeit spürt man das Baby schon intensiv, es ist auch für die Umwelt bereits meist sichtbar, Geschwisterkinder sind meist schon vom nahenden Zuwachs informiert. Mira Koller, 37, erzählt: „Unangenehm war, dass ich mich während der Wartezeit auf das Ergebnis, immerhin ist bis zur 19. Woche schon die Hälfte der Schwangerschaft verstrichen, einfach nicht über meine Schwangerschaft freuen konnte, immer war dieser Hintergedanke da, was sein wird, wenn die Untersuchung tatsächlich ein Down-Syndrom beim Baby ergibt“.
- Die Wahrscheinlichkeit, bei der Fruchtwasserpunktion eine Fehlgeburt zu erleiden liegt übrigens bei 1:100 (das ist in etwa das Risiko einer 40 jährigen ein Kind mit Down Syndrom zu bekommen).
Alternativen gibt es: Nackenfaltenmessung, Triple Test und Combined Test:
- Vorteile: Sie können bereits in der 11. SSW durchgeführt werden. Sie sind völlig ungefährlich, da sie ausschließlich aus einer Ultraschalluntersuchung und zum Teil auch einer Blutuntersuchung bestehen.
- Der Nachteil gegenüber der Fruchtwasseruntersuchung ist, dass das Ergebnis nicht aus einem klaren Ja oder Nein besteht sondern lediglich aus einer Wahrscheinlichkeitsberechnung. Das heißt, Sie haben zum Beispiel die Chance aus 1:1800 oder von 1:15, ein gesundes Kind zu bekommen. Wenn nun die Wahrscheinlichkeitsrechnung bei Ihnen 1:15 ergibt, stellt sich die Frage, ob Ihr Optimismus ausreicht, zu denken, dass Sie sicher eine der 14 Glücklichen sind ein gesundes Kind zu bekommen – aber wenn sie schon so optimistisch sind, wozu machen sie dann überhaupt die Untersuchung?
Organscreening:
Das ist eine Ultraschalluntersuchung, die ungefähr in der 22. SSW durchgeführt wird – allerdings auch vorher oder nachher zum Teil möglich ist. Bei dieser Untersuchung werden verschiedene Organe des Babys mittels Ultraschall untersucht, wie zum Beispiel Wirbelsäule, Magen, Nieren, Zwerchfell. Natürlich kann auch diese Untersuchung keine 100% Garantie für ein gesundes Baby geben, aber viele Frauen empfinden sie als sehr angenehm und beruhigend.
Ich bin schwanger – bin ich jetzt unendlich glücklich?
Darf nicht eine Schwangerschaft wie alles andere im Leben auch zwei Seiten haben? Und darf eine Frau dass nicht auch offen zugeben? Widerstreitende Gefühle im Hinblick auf ihre eigene Zukunft, und die ihrer Familie stempeln einen sicher nicht gleich von vornherein zu einer Rabenmutter ab? Viele Frauen denken – und haben damit vermutlich auch Recht – dass ihr Kind von Anfang an spürt, wie es ihr während der Schwangerschaft geht, auch negative Stimmungen, schlechte Laune, Zweifel und Stress mitbekommt. Aber ist das so schlecht? Das Kind wäre sicher der erste Mensch der im Verlauf seines Lebens nur positive Gefühle mitbekommen wird. In der Pubertät hat es sicher auch negative Gefühle gegenüber Ihnen und sie werde es trotzdem lieben! Wir haben nun einmal auch den Menschen gegenüber die wir am Meisten lieben manchmal negative Gefühle!
Die ersten 12 Wochen
Sie vermuten zuerst, dass Sie schwanger sein könnten, sie erfahren schließlich, dass sie es tatsächlich sind, das löst viele Gefühle aus: sie freuen sich, sie fühlen sich unsicher, sie wissen nicht, was auf sie zukommt, sie versuchen sich über alles zu informieren und erhalten tausend Ratschläge – es beginnen die ersten Veränderungen und Ängste. Hinzu kommt meist eine extreme Müdigkeit. Offenbar sind die ersten 12 Wochen für den Organismus so anstrengend, dass er den Großteil der Energie für die Schwangerschaft abzieht.
Die Hormonumstellung bewirkt auch große Stimmungsschwankungen – man beginnt leichter zu weinen oder ist launisch, einmal himmelhoch jauchzend, dann wieder zu Tode betrübt. Das Fehlgeburtsrisiko scheint zudem erhöht. Nur sollte man wissen, dass man so gut wie keinen Einfluss auf diesen Schicksalsschlag hat, das heißt Sie sind sicher nicht daran schuld wenn etwas schief läuft. Vielmehr hat in dieser Schwangerschaft offensichtlich von Anfang an etwas nicht gestimmt und der Körper hat beschlossen, sie zu beenden. Das heißt wenn Sie von Anfang an kaum mehr bewegen, sich nicht anstrengen oder sich aufregen, können sie sicher trotzdem nicht ausschließen eine Fehlgeburt zu erleiden. Sie ist eben nicht von diesen äußeren Einflüssen abhängig. Es ist schlimm ein Kind zu verlieren, aber wahrscheinlich noch schlimmer, zu glauben, dass man selbst daran schuld ist! Leben Sie nach Eintreten einer Schwangerschaft doch ganz normal weiter, Ihr Gefühl sagt Ihnen schon, wann es Zeit ist, kürzer zu treten!
Ernährung in der Schwangerschaft
Der Mythos, dass man für zwei essen muss, gilt zum Glück schon lange nicht mehr. Essen Sie einfach weiter, was ihnen schmeckt und achten sie lediglich darauf, worauf sie sonst auch achten sollten: ausgeglichen, gesund und nicht zu viel! Es macht absolut keinen Sinn plötzlich Unmengen von Obst und Gemüse in sich hineinzustopfen! Das Kind nimmt sich was es braucht. Man muss auch keine bestimmt Bauchgröße vorweisen, um der Umwelt zu beweisen, dass man sein Kind wohl ernährt – Das Kind wird davon nicht größer und Sie selbst haben nach der Schwangerschaft höchstens ein Problem mit Ihrem Gewicht!
Vitamine, Medikamente und was man angeblich sonst noch alles braucht?
Kaum ist eine Frau schwanger bekommt sie jede Menge Medikamente verschrieben – Eisen, Vitamine, Magnesium, Folsäure – und noch so manches mehr! Das meiste davon ist einfach nicht notwendig und lediglich in der Tatsache begründet, dass es alle nehmen!
- Eisen: ob sie es brauchen entscheidet ihr Blutbefund!
- Vitamine: ist in unseren Breitengraden einfach mit der Nahrung abgedeckt – selbst wenn in der Schwangerschaft der Bedarf erhöht ist.
- Folsäure: hat nur einen Sinn wenn sie sie regelmäßig einnehmen bevor sie schwanger sind. Ein Mangel kann zu Missbildungen an der Wirbelsäule des Kindes führen. Die Anlagen dafür werden aber bereits zu einem Zeitpunkt gebildet, wo die meisten noch gar nicht wissen, dass sie schwanger sind! Abgesehen davon ist auch hier die Gefahr sehr gering, einen Folsäuremangel zu erleiden, ist sie doch in zahlreichen Lebensmitteln, wie Reis, Spinat, Salat, Eigelb, Milchprodukten, Kartoffeln, Fleisch, Obst enthalten.
- Magnesium: wird meist in der Frühschwangerschaft gegen Wadenkrämpfe verschrieben, hilft allerdings tatsächlich auch gegen anfängliche Verstopfung.
Was tun bei Schmerzen?
Falls man während der ersten 12 Wochen eine unbedingte Zahnbehandlung braucht, muss man nicht auf eine schmerzstillende Spritze verzichten – sie schadet dem Kind nicht! Auch wenn sie anderweitig erkranken gibt es tatsächlich zahlreiche Medikament die sie durchaus nehmen können, der Arzt entscheidet!