Mit dem Feststellen der Herztöne des Ungeborenen wird meist auch der Mutter-Kind- Pass (NEU: Eltern-Kind-Pass) überreicht. Eine aufregende Entwicklungsreise und eine Äzterallye beginnen. Das vielleicht beliebteste Dokument ist ab nun immer dabei. Sich darin zurechtzufinden ist aber kein Kinderspiel.
Bitte verzeihen Sie meine saloppe Überschrift. Denn was im ersten Moment logisch oder im wahrsten Sinne des Wortes babyleicht erscheint, ist es auf den zweiten doch nicht. Oder wissen Sie, was der oGTT ist, zu dem Sie zwischen der 25. und 28. SSW (was soviel heißt wie Schwangerschaftswoche) antreten sollen? Warum manche Untersuchungen nur empfohlen werden, andere wiederum unumgänglich scheinen – obwohl eigentlich alle Untersuchungen gänzlich freiwillig und nicht verpflichtend sind? Sie merken schon … während Sie sich auf Ihr Baby freuen und Schmetterlinge im Bauch verspüren, machen sich im Kopf viele Fragezeichen breit, die es wert sind, beantwortet zu werden.
Eltern-Kind-Pass Seite für Seite
Blättert man den Eltern-Kind-Pass (EK-Pass) durch, finden sich viele Felder, die im Laufe der Wochen angekreuzt werden, Lückentexte und zahlreiche Abkürzungen. Um auch wirklich alles zu verstehen gehen wir ihn nun einfach Seite für Seite gemeinsam durch … los geht’s:
Eigene Datenseite – Seiten nur für Ärzte
- Auf Seite 9 können Sie persönliche Daten eintragen.
- Das Ausfüllen aller anderen Seiten ist Ärzten vorbehalten und jede Untersuchung muss daher auch im Anhang (ab S. 63) mit einem ärztlichen Stempel quittiert werden. Diese Seiten nehmen Sie später heraus und reichen Sie beim zuständigen Krankenversicherungsträger ein, um den Anspruch auf das volle Kinderbetreuungsgeld geltend machen zu können.
Idealerweise tragen Sie den EK-Pass immer bei sich. Denn sollten Sie nicht selbst Auskunft geben können, lassen sich wichtige Informationen herauslesen.
Seite 10 + 11
Die Seiten 10 und 11 sind Ihrer geburtshilflichen und gynäkologischen Vergangenheit gewidmet. Gab es beispielsweise Schwangerschaften, die zu früh beendet wurden oder hat sich eine Eizelle irrtümlicherweise schon einmal außerhalb der Gebärmutter (extrauterin) eingenistet?
- „Abort“ steht in diesem Zusammenhang für Fehlgeburten
- und die Abkürzung „Grav.“ für Gravidität, was soviel heißt wie Schwangerschaft.
Gleich auf den ersten Seiten wird Schwangerschaftswoche mit „SSW“ abgekürzt. Um den jeweiligen Schwangerschaftsstatus noch genauer zu definieren, wird die Woche häufig durch ein Tag ergänzt. So bedeutet etwa „12 + 3 SSW“, dass Sie sich in der dreizehnten Woche befinden …
Seite 12
Seite 12 geht sehr genau auf allgemeine Befunde und Ihre Geschichte ein. Seien es familiäre Belastungen, Vorerkrankungen, Allergien oder Medikamente.
Eine ausführliche „Anamnese“, so nennt man diese Erhebung im Fachjargon, ist ein wichtiger Schritt, wenn es darum geht, eine Diagnose zu erstellen und eine Patientin in ihrer Gesamtheit zu erfassen. Seien Sie also genau und möglichst lückenlos bei all diesen Angaben.
Seite 13
Seite 13 nimmt sich Raum für eine gynäkologische Befunderhebung:
- Wird auf diesen Seiten der „Geburtstermin laut US“ angegeben, ist hiermit die Bestimmung mittels Ultraschall gemeint.
- Den „PAP-Test“ kennen Sie möglicherweise schon. Es ist der Abstrich zur Vorsorge eines Gebärmutterhalskrebses und darf bei gynäkologischen Routineuntersuchungen nicht fehlen.
Seite 14 + 15
Auf den Seiten 14 und 15 trägt der Frauenarzt alle Untersuchungen ein, die er während der Schwangerschaft durchführt.
Beginnt er im Zuge dessen mit Worten um sich zu werfen, die Sie nicht verstehen, zögern Sie nicht nachzufragen. Schließlich lässt sich alles einfacher und verständlich ausdrücken – und so bedeutet beispielsweise ein „Polyhydramnion“ (S. 17) schlicht zu viel Fruchtwasser, eine „Oligohydramion“ hingegen zu wenig. Eine „Hypertonie“ steht für erhöhten Blutdruck und mit „Gestationsdiabetes“ ist ein schwangerschaftsbedingt erhöhter Blutzucker gemeint.
Seite 19
Seite 19 wird von einer Hebamme ausgefüllt, sofern Sie sich für das kostenlose und freiwillige Hebammengespräch zwischen der 18. und 22. SSW entscheiden. Es bietet die Möglichkeit viele Fragen über gesundheitsfördernde Maßnahmen, den Geburtsverlauf oder weitere Unterstützungsangebote zu stellen und ist eine wunderbare Ergänzung, die 2013 in den MUKI-Pass aufgenommen wurde. Aktuell kann das Hebammengespräch bis hin zum Geburtstermin vertagt werden.
Im Zuge der Mutter-Kind-Pass-Novelle (MuKiPassV-Novelle 2009) fanden 2010 drei neue Tests ihren Platz.
- Eine Ultraschalluntersuchung zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche,
- ein HIV-Test (S. 24), um eine mögliche Infektion mit dem Humane Immundefizienz-Virus oder eine Aidserkrankung festzustellen,
- sowie ein Zuckerbelastungstest (S. 25) ,kurz oGTT, zur Früherkennung eines möglichen Schwangerschaftsdiabetes.
Während beide labordiagnostischen Untersuchungen zu den mehr der minder „verpflichtenden“ Untersuchungen gehören (andernfalls folgt die Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes), basieren alle Ultraschalluntersuchungen auf gänzlich freiwilliger Basis.
Die Kosten der drei eben genannten Untersuchungen werden von den Krankenkassen übernommen und so ist in diesem Zusammenhang gut zu wissen, dass privat zu bezahlende Pauschalangebote für etwaige Ultraschalluntersuchungen zwar manchmal üblich, jedoch nicht unbedingt notwendig wären.
Im Zuge der Mutter-Kind-Pass-Novelle (MuKiPassV-Novelle 2009) fanden 2010 drei neue Tests ihren Platz.
- Eine Ultraschalluntersuchung zwischen der 8. und 12. Schwangerschaftswoche,
- ein HIV-Test (S. 24), um eine mögliche Infektion mit dem Humane Immundefizienz-Virus oder eine Aidserkrankung festzustellen,
- sowie ein Zuckerbelastungstest (S. 25) ,kurz oGTT, zur Früherkennung eines möglichen Schwangerschaftsdiabetes.
Während beide labordiagnostischen Untersuchungen zu den mehr der minder „verpflichtenden“ Untersuchungen gehören (andernfalls folgt die Kürzung des Kinderbetreuungsgeldes), basieren alle Ultraschalluntersuchungen auf gänzlich freiwilliger Basis.
Die Kosten der drei eben genannten Untersuchungen werden von den Krankenkassen übernommen und so ist in diesem Zusammenhang gut zu wissen, dass privat zu bezahlende Pauschalangebote für etwaige Ultraschalluntersuchungen zwar manchmal üblich, jedoch nicht unbedingt notwendig wären.
Insgesamt drei Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft zählen zu den Leistungen der Krankenkasse:
- Jene in der 8.–12. Schwangerschaftswoche,
- eine Option finden Sie in der 18.–22.
- und eine weitere in der 30.–34. Schwangerschaftswoche.
Geburt – Wichtige Daten
Abschließend werfen wir noch einen Blick auf die Seiten 26 und 27 – den Tag der Entbindung mit allen wichtigen Daten rund um die Geburt und das Neugeborene.
Unter mütterlichen Erkrankungen finden sich erneut viele Abkürzungen:
- „HELLP“ (Haemolysis, Elevated Liver enzymes, Low Platelet count) und GDM (Gestationsdiabetes) – alles Krankheitsbilder, die durch die Schwangerschaft hervorgerufen werden
- oder im Falle eines DM I und II (Diabetes oder zu Deutsch Zuckerkrankheit Typ I und Typ 2) bereits bestehen können.
Fachbegriffe rund um die Geburt:
- „Spinal/Epid“ sind Abkürzungen des Narkosefacharztes und beschreiben Verfahren der Leitungsnarkose über das Rückenmark, besser bekannt als „Kreuzstich“, einem beliebtem Mittel zur Schmerzausschaltung.
- Mit den Kürzeln „DR/II“ und „DR III/IV“ notiert der Geburtshelfer etwaige Geburtsverletzungen im Bereich des Dammes. „DR“ steht für Dammriss, der in unterschiedliche Schweregrade unterteilt wird.
Seite 27: Kindlichen Daten
- Mit „m“ (männlich) oder „w“ (weiblich) wird verzeichnet, ob ein Bub oder ein Mädchen das Licht der Welt erblickt hat.
- Der Allgemeinzustand des Babys wird mit Hilfe eines Punktesystems, das man „APGAR Score“ nennt, abgebildet; darunter werden pH-Wert und BE (Base Excess) vermerkt. Letztere sind diagnostische Parameter einer routinemäßigen Blutgasanalyse und treffen eine Aussage über das Säure-Base-Gleichgewicht des Blutes und damit über die Sauerstoffversorgung des Kindes während der Geburt.
Kurz und gut
Ein vollständig ärztlich dokumentierter Pass gibt hinreichend Auskunft über den Gesundheitszustand von Mutter und Kind, ermöglicht die Früherkennung von Regelwidrigkeiten und ist in weiten Teilen an den Erhalt des vollen Kinderbetreuungsgeldes geknüpft.
Wenn frischgebackene Mütter am Tag der Geburt das Ziel einer langen Reise von Arzt zu Arzt und durch den Fremdwörterdschungel erreicht haben, ahnen sie es meist schon … bei den anstehenden Untersuchen ihres Sprosses wird es wohl ganz ähnlich weitergehen. Und die erste davon wartet schon in der ersten Lebenswoche (S. 30) oder, wie wir gern kurz und knackig meinen, in der „1. LW“.
Neu: Eltern-Kind-Pass
Seit nunmehr 50 Jahren gibt es in Österreich den Mutter-Kind-Pass. Hauptziel bei seiner Einführung 1974: die Säuglings- und Müttersterblichkeit zu senken. Denn die Zahl der innerhalb des ersten Lebensjahrs verstorbenen Kinder war hoch. Sie ist von vielen Faktoren wie sozialen und Wohnungsverhältnissen oder dem Bildungsstand der Mutter abhängig. Ein niederschwelliger Zugang zu medizinischer Versorgung und institutioneller Beratung gilt daher als ganz entscheidend. Glücklicherweise konnte man durch das flächendeckende Angebot fast alle schwangeren Frauen und auch die Kinder erreichen, und so gelang das große Vorhaben tatsächlich.
Nun wird er bis Mitte 2026 aufgewertet und erhält einen neuen Namen „Eltern-Kind-Pass“.
Neuerungen mit dem Eltern-Kind-Pass
Mit dem neuen Eltern-Kind-Pass-Gesetz beginnt eine neue Ära, in der das Angebot schlussendlich auch digitalisiert werden soll.
- Ab 2024 haben Schwangere die Möglichkeit, in der 14. bis 17. Schwangerschaftswoche eine psychosoziale Beratung in Anspruch zu nehmen; sie ist Teil des sogenannten Gesundheitsgesprächs, das von Berufsgruppen wie Hebammen, Gynäkologen, Allgemeinmedizinern erbracht werden soll.
- Das Hebammengespräch in der 18. bis 22. Schwangerschaftswoche bleibt dem Eltern-Kind-Pass erhalten und voraussichtlich, wie schon seit seiner Einführung vor rund zehn Jahren, auf freiwilliger Basis.
Meist im Eins-zu-eins-Setting stattfindend, bietet das einstündige Gespräch einen idealen Rahmen für alle Fragen, die im Lauf einer Schwangerschaft so auftauchen. Oft beschäftigt Schwangere etwa die Auswahl des Geburtsorts, der ihren Vorstellungen am nächsten kommt, oder ein gesundheitsfördernder Lebensstil. - Zudem sind ein zusätzlicher Ultraschall und ergänzende Laboruntersuchungen vorgesehen, ebenso wird das Leistungsspektrum um eine Ernährungs- und Gesundheitsberatung für Schwangere, Stillende oder junge Eltern ergänzt.
- Für das Neugeborene steht in der 1. bis 4. Lebenswoche ein zusätzliches Hörscreening am Plan.
- Beim ersten Kind wird werdenden und frischgebackenen Eltern künftig eine freiwillige Elternberatung angeboten, beispielsweise zur Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kinderbetreuung, zur Aufteilung der Elternzeit oder zu den Auswirkungen von Teilzeit auf die Pension.
- Auch eine Ernährungs- und Gesundheitsberatung für Schwangere, Stillende oder junge Eltern ist künftig Teil des Angebots. Dazu wird das Pilotprojekt GEVAN – „Gesund von Anfang an“ – flächendeckend ausgerollt.
Digitalisierung
Bis 2026 soll der neue Eltern-Kind- Pass um eine digitale Variante ergänzt werden. Vorgesehen ist dafür auch eine Informationsplattform, auf der man Wesentliches über Familienleistungen, psychische Gesundheit, Gesundheitsförderung, Familienberatungsstellen oder Elternbildung wird finden können. „Ich freue mich, dass wir die Digitalisierung und Ausweitung des neuen Eltern-Kind-Passes nun im Ministerrat beschließen konnten. Besonders in der sensiblen Zeit der Schwangerschaft müssen wir Eltern bestmöglich unterstützen, denn die Schwangerschaft und die ersten Jahre als Familie sind eine der schönsten Phasen im Leben, gleichzeitig kann es auch eine sehr herausfordernde Zeit sein“, so Familienministerin Susanne Raab. „Mit der Elternberatung, die neben der Ausweitung der Leistungen im Bereich der Gesundheitsvorsorge in den neuen Eltern-Kind-Pass aufgenommen wird, können wir Eltern und vor allem Frauen Informationen für Entscheidungen bieten, wenn es um partnerschaftliche Aufteilung geht, und die Väterbeteiligung steigern.“ Weiters wird künftig geregelt, dass der Nachweis für den Erhalt des Kinderbetreuungsgelds in voller Höhe automatisch nach dem jeweiligen Untersuchungs- bzw. Beratungstermin elektronisch zu erstellen ist und nicht von den Betroffenen selbst übermittelt werden muss.
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel