Beckenendlage: Geburt mit dem Popo voran…
Die meisten Kinder liegen zur Geburt mit dem Kopf nach unten in der Gebärmutter und werden kopfüber geboren. Jedes fünfte Baby begibt sich jedoch mit dem Po voran auf den Geburtsweg … und macht die Sache damit etwas komplizierter!
Steißlage oder Steiß-Fuß-Lage
Was selten vorkommt, wird gern als abnormal, unmöglich oder im besten Fall als Herausforderung angesehen. Das gilt auch für all jene Babys, die sich gegen Ende der Schwangerschaft einfach gemütlich ins Becken setzen, anstatt einen Kopfstand zu machen.
Je nachdem, wo das Baby seine Füßchen in der doch recht engen Gebärmutter unterbringt, werden Beckenendlagen (BEL) unterschiedlich bezeichnet:
- Bei einer reinen Steißlage sind beide Beinchen oder zumindest eines hochgeschlagen
- Eine Steiß-Fuß- Lage kann man sich als hockende Position vorstellen, und manchmal kniet das Baby förmlich.
Knielagen oder Ausgangspositionen, in denen sich das Kind stehend in der Gebärmutter platziert hat, sind für vaginale Geburten nahezu unmöglich. Dr. Christian Altmutter ist Beckenendlagenspezialist und Oberarzt am St. Josef Krankenhaus in Wien. In dessen Spezialambulanz werden pro Jahr etwa 130 Schwangere mit Beckenendlagen vorstellig, die Dr. Altmutter gemeinsam mit einem Beckenendlagenteam ausführlich berät und hingebungsvoll betreut. Etwa die Hälfte der Frauen entscheidet sich nach der Beratung oder aufgrund der Kindeslage für einen Kaiserschnitt. Die anderen schlagen den Weg einer vaginalen Geburt ein und bringen in mehr als der Hälfte der Fälle ihr Kind auch auf natürlichem Wege zur Welt.
Die Geburt
Eine Beckenendlagengeburt verläuft die längste Zeit wie eine ganz normale Geburt. Der wesentlichste Unterschied liegt in der letzten Phase.
Normalerweise dehnt der größte Kindesteil, das kindliche Köpfchen, die Geburtswege vor und der Körper des Kindes wird in der darauffolgenden Wehe geboren. Dreht sich das Baby bis zur Geburt nicht kopfüber, muss zuerst der Körper geboren und der Kopf am Schluss aus der Scheide gepresst werden. Da diese Art der Geburt als nicht „normal“ definiert wird, ist immer auch ein Facharzt oder eine Fachärztin für Geburtshilfe vor Ort.
Spezielle Handgriffe helfen, dass das Baby innerhalb von zwei bis drei Minuten das Licht der Welt erblickt. „Sobald es bis etwa zum Schulterblatt geboren ist, wird durch die natürliche Enge im Becken die Nabelschnur abgedrückt und die Versorgung mit Sauerstoff unterbrochen. Das kann man sich wie einen Gartenschlauch vorstellen, aus dem dann nur noch tröpfchenweise Wasser träufelt, weil er einen Knick bekommen hat, der die Zufuhr unterbricht“, gibt Altmutter Einblick in seine tägliche Aufklärungsarbeit.
Erfahrung und Geduld
Um ein Baby mit dem Po voran vaginal gebären zu können, darf das mütterliche Becken nicht verengt sein und das Baby nicht zu wenig (unter 2.000 Gramm), aber auch nicht zu viel Gewicht (über 4.000 Gramm) auf die Waage bringen. Signalisiert das Baby während der Geburt mit Stresszeichen, dass es sich nicht wohl fühlt, wird die Geburt mit Kaiserschnitt zu Ende gebracht.
Dr. Altmutter ist davon überzeugt, dass man der Natur seinen Lauf lassen und der Geburtsverlauf möglichst interventionsfrei sein sollte. Wehenmittel werden aus diesem Grund sehr zurückhaltend eingesetzt – bei Mehrgebärenden am Ende der Eröffnungsphase, beim ersten Kind erst, wenn der Muttermund ganz geöffnet ist. „Wenn eine Spontangeburt möglich ist, dann geht sie wie von allein. Idealerweise verlaufen die Eröffnungsphase und die übergangsphase der Geburt komplikationslos und geraten nicht ins Stocken. Dann ist die Geburt erfahrungsgemäß völlig problemlos.“
Die Gebärende kann auch zwischen den unterschiedlichsten Gebärpositionen wählen. „Wir haben mit Seitenlage und Vierfüßlerstand sehr gute Erfahrungen. Aber auch auf einem stabilen Hocker kann eine Beckenendlage wunderbar entbunden werden“, erzählt Altmutter aus der Praxis. Ein Kreuzstich kann den Wehenschmerz lindern und wird bei Beckenendlagen ebenso angewendet wie bei jeder anderen Geburt.
Moxen, Indische Brücke und äußere Wendung
Etwa sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin wird überprüft, ob das Baby sich richtig in der Gebärmutter platziert hat. Wenn nicht, bleibt noch etwas Zeit, es in die beste Ausgangslage zu „bitten“.
- Etwa mit der Moxabustion (kurz: Moxen), einer beliebten und sanften Methode aus der traditionellen chinesischen Medizin. Dabei wird durch wärmende Stimulation mit einer Zigarre aus gepresstem Beifußkraut ein bestimmter Akupunkturpunkt am Fuß (Blase 67) stimuliert. Idealerweise lagert man das Becken während der Behandlung ein wenig hoch (z. B. Indische Brücke), damit das Baby den notwendigen Bewegungsspielraum bekommt, um einen Purzelbaum schlagen zu können.
- Invasiver, aber unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls eine überlegung wert, ist die äußere Wendung. Hierbei versucht ein erfahrener Geburtshelfer zwischen der 36. und 38. Schwangerschaftswoche, über die Bauchdecke der Schwangeren das Baby umzudrehen.
Vaginale Geburt ode Kaiserschnitt
Wenn das Baby den Dreh nicht raushat, müssen sich seine Eltern Gedanken über den Geburtsmodus machen und den passenden Geburtsort aussuchen. Denn nicht in jedem Krankenhaus werden Beckenendlagegeburten vaginal durchgeführt – ein Kaiserschnitt bleibt dann die einzige Option.
Besteht der Wunsch nach einer natürlichen Geburt, sollte in der ausgewählten Geburtsklinik abgeklärt werden:
- ob Beckenendlagengeburten vorgenommen werden,
- ob zu jeder Tages- und Nachtzeit ein erfahrener Geburtshelfer verfügbar ist
- und wie es mit der kinderärztlichen Versorgung nach der Geburt aussieht.
Können alle diese Fragen positiv beantwortet werden und lässt die Geburtenzahl auf ausreichende Erfahrung schließen, empfiehlt es sich, einen Termin für die Aufklärung über alle Möglichkeiten auszumachen. Bis zur Geburt dauert es jetzt schließlich nicht mehr allzu lange!
ZEITPLAN FÜR DIE VAGINALE ENTBINDUNG EINER BECKENENDLAGE
34. SSW
- Lagekontrolle
- Auswahl der Geburtsklinik
34./35. SSW
- Beratung in der Beckenendlagen-Ambulanz
36. SSW
- Moxen u/o äußere Wendung
- Warten auf spontanen Wehenbeginn
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel