Die Schilddrüse ist eine schmetterlingsförmige Drüse in unserem Hals. die von ihr produzierten lebenswichtigen Hormone nehmen Einfluss auf die Fruchtbarkeit und die Leistungsfähigkeit. Gut, wenn sie sich optimal entfalten können!
Die Schilddrüse (Glandula thyroidea) liegt knapp unterhalb des Kehlkopfes an der Vorderwand der Luftröhre. In ihren beiden Seitenlappen befinden sich viele Bläschen, die lebenswichtige Schilddrüsenhormone produzieren.
Schwangerschaft und nach der Geburt
Um in der Schwangerschaft auch das ungeborene Kind versorgen zu können, steigt in dieser Zeit der Hormonbedarf:
- Denn bis zur 12. Schwangerschaftswoche ist das Baby von der Schilddrüsenhormonproduktion seiner Mutter abhängig.
- Erst danach kann es selbst geringe Mengen davon produzieren.
- Voll ausgereift ist die Steuerung der Hormonproduktion überhaupt erst in den ersten Lebenswochen eines Neugeborenen.
Damit sich das Baby also gut entwickeln kann, braucht es ausreichend Hormone. Die Schilddrüsenwerte werden daher in der Schwangerschaft gut im Auge behalten. Denn die Drüse ist zwar klein, hat aber große Aufgaben. So ist sie beispielsweise verantwortlich für:
- die Wärmeproduktion,
- die Erhöhung von Puls und Blutdruck,
- die Aktivierung des Nervensystems,
- das Wachstum und die Reifung des Skeletts, des Gehirns und der Muskulatur.
Nach der Geburt sinkt dann der Bedarf an Schilddrüsenhormon im mütterlichen Körper. Eine gesunde Schilddrüse drosselt ihre Hormonproduktion selbstständig auf ihren Normalbedarf. Bei einer gestörten Schilddrüsenfunktion muss die Medikamentendosis entsprechend angepasst werden.
Frauen erkranken genetisch bedingt häufiger als Männer an der Stoffwechselstörung, die sich in zwei Extremen – einer Unter- oder einer Überfunktion – äußern kann.
Unterfunktion der Schilddrüse
Bei einer Unterfunktion (Hypothyreose) läuft der Stoffwechsel auf Sparflamme. Die Hormone T4 (Thyroxin) und T3 (Trijodthyronin) werden nicht ausreichend produziert.
- Symptome: Betroffene fühlen sich antriebslos, müde, abgeschlagen und klagen über Kältegefühl.
- Da der Hormonmangel zu Zyklusstörungen führen kann, erfüllt sich auch der Kinderwunsch oftmals nicht, wenn die Erkrankung unentdeckt bleibt.
- Für eine Diagnose gilt es, das Thyreoidea stimulierende Hormon (TSH) und die im Blut zirkulierenden Hormone (freies T3 und freies T4) zu messen. Das TSH wird im Normalfall von der Hirnanhangsdrüse ausgeschüttet und so der Schilddrüse das Signal gegeben, Schilddrüsenhormone zu produzieren und auszuschütten.
- Bei einer Unterfunktion steigt erstmal das TSH, weil es mit Nachdruck versucht, den Körper anzuheizen. Anfangs gelingt das auch, aber im Verlauf der Erkrankung sinken dann die messbaren Hormone im Blut; sie müssen schließlich medikamentös ersetzt werden.
Die häufigste Ursache einer Schilddrüsenunterfunktion ist eine entzündliche Autoimmunerkrankung namens Hashimoto-Thyreoiditis. Dabei handelt es sich um eine schmerzlose Zerstörung der Schilddrüse, die das eigene Immunsystem irrtümlicherweise als fremd ansieht – in der Folge bildet es Antikörper gegen sie. Damit die Erkrankung in der Schwangerschaft zu keiner Fehlgeburt oder Entwicklungsverzögerung des Kindes führt, erfolgt eine engmaschige Kontrolle der Schilddrüse. Dafür wird mithilfe des Ultraschalls deren Größe und die Aktivität der Entzündung eingeschätzt, zudem kontrolliert man in regelmäßigen Abständen mittels Blutwerten die Schilddrüsenfunktion. Manchmal bedarf es dann einer Anpassung der Medikamentendosierung. Gut, dass das möglich ist!
Die Schilddrüse liegt knapp unterhalb des Kehlkopfes an der Vorderwand der Luftröhre.
Bild: Panthemedia/decade3d
Überfunktion der Schilddrüse
Bei einer Überfunktion (Hyperthyreose) läuft der Körper auf Vollgas.
- Die typischen Symptomen: Gewichtsabnahme, Hitzewallungen, Zittern, Nervosität oder Herzrasen sind die Klassiker dieser überschießenden Reaktion.
- Das TSH zeigt einen niedrigen Wert.
- Häufige Ursache einer Schilddrüsenüberfunktion ist die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow. Dabei besetzen Abwehrstoffe die TSH-Rezeptoren der Schilddrüsenzellen und regen damit dauerhaft die Hormonproduktion an. Die Schilddrüse ist quasi unter Dauerbeschuss und verausgabt sich zusehends.
Unabhängig davon, ob eine Autoimmunerkrankung oder Knoten für die Beschwerden verantwortlich sind, erfolgt die Behandlung meist medikamentös durch Schilddrüsenblocker. Bei schwereren Verlaufsformen kann eine Radiojodtherapie zum Einsatz kommen oder – wenn die Drüse stark vergrößert ist – eine operative Entfernung notwendig werden.
Jod – Treibstoff der Hormonproduktion
Damit die Schilddrüse ihre Aufgabe erfüllen kann, benötigt sie ausreichend Jod. Der tägliche Bedarf dieses Spurenelements steigt in der Schwangerschaft auf etwa 230μg.
- Stehen Fisch, Meeresfrüchte, Milch- oder Milchprodukte auf dem Speiseplan und wird mit jodiertem Speisesalz gewürzt, lässt sich ein guter Teil auf natürliche Art und Weise abdecken.
Denn unserem Speisesalz wird Jod zugesetzt, um möglichst alle Menschen gegen einen chronischen Jodmangel zu schützen. Ob und wie viel Jod bei einer Schilddrüsenüberfunktion guttut bzw. ob in der Schwangerschaft bei einer Schilddrüsenunterfunktion zusätzlich ein Nahrungsergänzungsmittel eingenommen werden sollte, ist individuell zu entscheiden und sollte immer ärztlich abgeklärt werden.
Bei unerfülltem Kinderwunsch und in der Schwangerschaft muss die Schilddrüse immer unter die Lupe genommen werden. Denn mit der richtigen Behandlung arbeitet das Kraftwerk im Hals am besten und kann seine Power optimal entfalten.
Warum Kaliumjodid-Tabletten bei radioaktiven Unfällen für Kinder, Schwangere und Stillende?
Fast alle Eltern unterschreiben eine Genehmigung, dass ihren Kindern im Falle eines Unfalls in einem Atomkraftwerk noch in der Schule Kaliumjodid- Tabletten verabreicht werden dürfen.
Wozu ist das gut? Unsere Schilddrüse benötigt das Spurenelement Jod, um richtig funktionieren zu können. Bei schweren Atomreaktorunfällen werden große Mengen radioaktiven Jods freigesetzt. Beim Einatmen wird das radioaktive Jod in der Schilddrüse gespeichert und führt dort zu einer hohen lokalen Strahlenbelastung. Durch die rechtzeitige Einnahme von Kaliumjodid-Tabletten wird die Schilddrüse vorübergehend mit Jod (Jod-Blockade) gesättigt, das eingeatmete radioaktive Jod daher nicht mehr aufgenommen, sondern vom Körper rasch wieder ausgeschieden. So können hohe Strahlendosen für die Schilddrüse vermieden werden, was das Risiko des Auftretens von strahlenbedingtem Schilddrüsenkrebs praktisch auf null senkt.
Voraussetzung für die volle Wirksamkeit der Tabletten ist jedoch, dass sie vor Eintreffen der radioaktiven Wolke eingenommen werden. Das österreichische Gesundheitsministerium empfiehlt deshalb persönliche Bevorratung zu Hause für Personen unter 40 Jahren, damit die Tabletten jederzeit zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Zielgruppen (unter 18-Jährige, Schwangere und Stillende) können die Tabletten kostenlos in Apotheken beziehen.
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel