Mit dem Baby von Anfang an am Familientisch
Ein umfassendes Konzept für breifreie Beikost haben Lena Merz und Annina Schäflein entwickelt und in der Praxis erprobt. Wie es funktioniert, erklären die Krankenschwester und die Ernährungsberaterin seit einiger Zeit in ihrem blog breifreibaby.de. Jüngst haben sie auch ein spezielles Kochbuch vorgelegt. Wir haben nachgelesen, warum püriertes (fast) ausgedient hat.
Nach einigen Monaten der ausschließlich “flüssigen” Ernährung mittels Muttermilch oder Pre-Nahrung kommt der erste Brei, meist Karotte, Kürbis oder Pastinake. So haben das Generationen von Eltern gehandhabt, und Fotos von orangeverschmierten Gesichtern und Lätzchen kleben in nahezu jedem Erinnerungsalbum. Schließlich ist aller Anfang schwer und das Befördern von Brei in den Babymund nicht immer ein einfaches Unterfangen.
Dass es auch anders geht, erklären die Autorinnen von “Das große GU Breifrei-Kochbuch”. Sie sprechen sich dafür aus, einen alternativen Weg zu gehen. “Beikost ist keine Wissenschaft, sondern eine wunderschöne Möglichkeit, als Familie gemeinsam Zeit zu verbringen und dein Baby zu stärken”, betonen sie bereits im Vorwort. Es geht ihnen darum, den Nachwuchs ab der Beikostreife selbstbestimmt ein umfangreiches Nahrungsangebot erkunden zu lassen. Die Eltern schaffen den Rahmen dafür und bieten Verschiedenes aus einer reichhaltigen Palette an.
Ein wenig Theorie und viel Bestärkung
Kern des Buches sind 70 Rezepte für unterschiedliche Tages- und Mahlzeiten. Um zu verstehen, was hinter dem Konzept steht, und etwaige Unklarheiten zu beseitigen, empfiehlt es sich aber, den kompakten Theorieteil vorab zu lesen. Essenziell ist es zum einen, “Breifrei” konsequent umzusetzen, da Mischformen das Baby im neuen Lernprozess verwirren könnten.
Zum anderen gilt es die drei Zeichen für die Beikostreife individuell zu erkennen. Damit gemeint sind in erster Linie die Fähigkeit des Sitzens, der verschwundene Zungenstoßreflex sowie die Koordination von Augen, Hand und Mund. Zu früh mit der Beikost zu beginnen hat übrigens für Babys keinerlei Vorteile. Daher ist es wesentlich, darauf zu achten, dass die motorischen und die notwendigen Entwicklungen des Magen-Darm-Traktes erreicht sind, was meist rund um den 6. Lebensmonat der Fall ist.
Auch den Ängsten der Eltern räumen die Autorinnen Platz ein und erläutern den Hintergrund von Würgen, Verschlucken und Ersticken, um vor dramatischen Situationen zu schützen. Dann kann nährstoff- und abwechslungsreich gekocht werden, um alle Familienmitglieder am gemeinsamen Esstisch optimal zu versorgen. “Eat the rainbow” ist eine schöne Beschreibung in diesem Zusammenhang, denn saisonale Lebensmittel wie blaue Heidelbeeren, gelbe Paprika und grüne Kiwis platzieren Lena Merz und Annina Schäflein gerne auf Babys Speisezettel. Praxisnahe Meal-Prep-Tipps sorgen dafür, dass aus dem Kochen kein Fulltime-Job wird. Besonderes Equipment braucht es nicht. Die Vorteile von Gefrierschrank, Waffeleisen, einem gut gefüllten Vorratsschrank und abwaschbarem Ärmellätzchen erschließen sich aber im Lauf der Lektüre.
Jetzt wird gekocht
Lena Merz und Annina Schäflein unterscheiden in ihren Rezepten zwischen solchen, die bereits direkt nach Vorliegen der Beikostreifezeichen angeboten werden können, und jenen, für die das Baby den sogenannten Pinzettengriff beherrschen muss.
Zu Beginn geht es keinesfalls darum, ganze Mahlzeiten zu ersetzen. Für die Sättigung gibt es nach wie vor Muttermilch oder Pre-Nahrung und dadurch für das Baby die Chance, stressfrei und mit allen Sinnen ein reichhaltiges Lebensmittelangebot kennenzulernen. Zähne braucht es dafür am Anfang übrigens noch keine, und dass ein Baby grundsätzlich öfter isst, kostet und probiert als Erwachsene, unterstützt den Prozess des Essen-Lernens.
Der umfangreiche Rezeptteil gliedert sich in fünf Bereiche:
- „Frühstück“,
- „Kalte Gerichte“,
- „Warme Gerichte“,
- „Zuckerfrei Backen“
- und „Basics“.
Letzterer lockt mit herzhaften Gemüsewaffeln ebenso wie mit Apfelsaft-Gummibärchen oder Himbeer-Kokos-Eis für heiße Tage. Kaum ein Rezept wird ohne zusätzliche Tipps angeboten – darunter etwa Hinweise, um den Nährstoffgehalt zu variieren oder um die Rezepte für Erwachsene geschmacklich zu adaptieren. Wobei ein Blick auf die Fotos der kunterbunten Geburtstagstorte, der pinkfarbenen Zimtschnecken, der Gemüsepommes mit Curry-Ketchup oder der Germknödel mit Salbeibutter ohnehin auch bei den Großen Appetit aufs Futtern macht. Drei besondere Rezepte präsentieren wir Ihnen zum Nachkochen und Genießen.
Rezepte
ASIATISCHE ONE-POT-PASTA
Ab Beikostalter
30. Min. Zubereitung
Zutaten für 2 Erwachsene und 1 Baby
- 180 g Rinderfilet
- 1 kleine rote Zwiebel
- 3 Möhren
- 1 roter Paprika
- 3 EL Öl
- 200 ml salzfreie Gemüsebrühe
- 400 g Kokosmilch
- 200 g Hülsenfrüchte-Pasta
- 3 EL Sojasauce (für die Großen)
- Salz, schwarzer Pfeffer (für die Großen)
Zubereitung
- Das Rinderfilet in längliche, ca. 1 cm breite Streifen schneiden. Die Zwiebel schälen und sehr fein würfeln.
Die Möhren schälen und in Stifte (6 cm lang, 5 mm dick) schneiden. Den Paprika waschen, halbieren, weiße Trennwände und Kerne entfernen. Die Hälften in 5 mm breite Streifen schneiden. - Das Öl in einem großen Topf erhitzen und die Zwiebel darin bei mittlerer Hitze ca. 4 Min. anbraten. Die Fleischstreifen zugeben und bei großer Hitze ca. 5 Min. anbraten, bis sie gar sind und der Topfboden leicht gebräunt ist.
- Geschnittenes Gemüse, Gemüsebrühe, Kokosmilch und Pasta zufügen. Alles aufkochen, dann zugedeckt bei mittlerer Hitze 10–12 Min. garen, dabei alle ca. 3 Min. umrühren.
- Für das Baby eine Portion abnehmen, die übrige Pasta für die Großen mit Sojasauce, Salz und Pfeffer würzen.
PRAXIS-TIPP
Wenn dein Baby zu essen beginnt, kann es vor allem etwas kürzere, dickere Nudeln – z. B. Spirelli oder Penne – gut greifen und halten.
MEAL-PREP-TIPP
Das One-Pot-Gericht gelingt auch mit klassischer Hartweizenpasta. Dafür einfach an den Kochzeiten auf der Packung orientieren.
Wenn du das Gericht tiefkühlen willst, raten wir zu traditioneller Pasta, da Nudeln aus Hülsenfrüchten beim Aufwärmen matschig werden.
PIZZASTANGEN MIT FENCHEL UND KÄSE
Ab Beikostreife
40 Min. Zubereitung • 15 Min. Kühlen • 40 Min. Backen
Zutaten für 24 Stück
- 100 g Möhren
- 1 kleiner Fenchel
- 10 g glatte Petersilie
- 50 g kalte Butter
- 200 g Frischkäse
- 300 g Dinkelmehl (Type 630)
- 1 TL Backpulver
- 2 TL getrockneter Oregano
- 1 Ei (M)
- ½ kleine gelbe Paprika
- 150 g passierte Tomaten (aus der Dose)
- 1 Knoblauchzehe
- 50 g Emmentaler
- Außerdem: Mehl zum Arbeiten
Zubereitung
- Möhren schälen und fein reiben. Fenchel putzen, waschen, den Strunk entfernen und ebenfalls fein reiben. Die Hälfte davon beiseitestellen. Petersilie waschen, trocken schütteln und hacken.
- Die Butter 1 cm groß würfeln. Mit Frischkäse, Mehl, Backpulver, Oregano, Ei, Petersilie, Möhren- und Fenchelraspeln in eine Rührschüssel geben. Mit den Rührbesen des Handrührgeräts zu einem glatten Teig verrühren. Diesen halbieren und in zwei luftdicht schließenden Dose ca. 15 Min. kühlen.
- Die Paprika waschen, entkernen und grob schneiden. Im Blitzhacker fein zerkleinern oder sehr fein würfeln. Paprika, Tomaten und übrige Fenchelraspel mischen. Knoblauch schälen und dazupressen. Die Sauce in zwei Portionen teilen. Den Käse reiben.
- Den Backofen auf 185° vorheizen, zwei Backbleche mit Backpapier belegen. Eine Teigportion auf der gut bemehlten Arbeitsfläche flach drücken und mehrmals wenden, bis der Teig rundum bemehlt ist. Dann mit dem Nudelholz zügig zu einem Rechteck (20 × 30 cm) ausrollen. Die untere Teighälfte mit einer Saucenportion bestreichen und mit 25 g Käse bestreuen. Die obere Hälfte darüberklappen und leicht andrücken.
- Ein scharfes Messer anfeuchten und den Teig in 2,5 cm breite Streifen schneiden. Jeden Streifen in sich verdrehen, auf das Backblech legen und im Ofen (Mitte) in 18–20 Min. hellbraun backen. Herausnehmen und abkühlen lassen.
- Inzwischen die zweite Teigportion ebenso ausrollen, füllen und formen. Dabei die Arbeitsfläche gut bemehlen und von Saucenresten säubern. Die Stangen auf das zweite Blech legen und ebenso backen. Sie halten sich im Kühlschrank ca. 3 Tage.
NÄHRSTOFF-TIPP
Füllung und Teig sind tolle Verstecke für Gemüse und Nährstoffe. Für eine Extraportion Nährstoffe 2 EL Kürbiskerne fein mahlen und mit in den Teig kneten.
MEAL-PREP-TIPP
Die Stangen schmecken auch kalt als Abendessen oder Snack. Sie lassen sich problemlos tiefkühlen. Kurz auf dem Toaster geröstet, schmecken sie wie frisch gebacken.
MINI-PANCAKE MÜSLI
Ab Pinzettengriff
15 Min. Zubereitung • 9 Min. Backen
Zutaten für 2 Erwachsene und 1 Baby
- 1 Ei (M)
- 130 g Buttermilch
- 150 g Vollkorn-Dinkelmehl
- 1 TL Weinstein-Backpulver
- ½ TL Natron
- 1 Msp. gemahlene Bourbon-Vanille
- 125 g Himbeeren
- 125 g Heidelbeeren
- 250 g Joghurtalternative auf Kokosbasis (ersatzweise griech. Joghurt)
- 5 TL braunes Mandelmus
- 40 g Schokotröpfchen (für die Großen)
- Spritzbeutel mit mittlerer Lochtülle
Zubereitung
- Den Backofen auf 175° vorheizen, zwei Backbleche mit Backpapier belegen. Ei und Buttermilch in einer Schüssel mit einem
Schneebesen verquirlen. Mehl, Backpulver, Natron und Vanille mischen. Zur Buttermilchmischung geben und alles zügig zu einem glatten Teig verrühren. - Den Spritzbeutel in ein hohes Glas stellen, die Ränder des Beutels nach außen umschlagen und den Teig einfüllen. Ca. 130 Teigtropfen (2–2,5 cm ∅) mit etwas Abstand auf die Bleche spritzen. Die Tropfen im Ofen 8–9 Min. backen, dabei nach ca. 5 Min. die Bleche eventuell tauschen. Herausnehmen und auf einem Kuchengitter auskühlen lassen.
- Inzwischen Himbeeren und Heidelbeeren verlesen, waschen und abtropfen lassen. Joghurt glatt rühren. Für das Baby 3 EL Joghurt, wenige Mini-Pancakes und ein Viertel der Beeren in einer Schüssel anrichten.
Mit 1 TL Mandelmus beträufeln und zum Selberlöffeln anbieten. Für die Großen übrigen Joghurt, restliche Mini-Pancakes, Beeren und Mandelmus in zwei Schalen anrichten. Mit den Schokotröpfchen bestreuen und servieren.
Buchtipp
DAS GROSSE GU BREIFREI-KOCHBUCH
Die besten Rezepte und Tipps von den Expertinnen des breifreibaby-Blogs
Von Lena Merz, Annina Schäflein
GU 2023
ISBN 978-3-8338-7810-7
Autor:in:
Zur Person Mag.a Mirjam Dauber ist Lehrerin, freie Journalistin und Rezensentin. https://blaetterwald.at/ Aktuelle Artikel