„Ich genieße jede Minute!“
„Schwangerschafts-Yoga statt Rennski“ lautet das aktuelle Motto von Stephanie Venier, der amtierenden Super-G-Weltmeisterin und Sportlerin des Jahres 2025. NEW MOM traf die Bald-Mama am Tag der Sporthilfe-Gala zum lockeren Plausch über Geburtsvorbereitung, ihre zukünftige Rolle als Mutter und darüber, wann ihr Kind zum ersten Mal auf Skiern stehen wird …
Keine Frage, die Frau ist ein Profi, oder vielleicht eher ein Naturtalent, was Interviews betrifft. Auf die Minute pünktlich zum Termin, beantwortet sie alle Fragen vollkommen locker und authentisch, wobei sie aber immer präzise zum Punkt kommt. Für JournalistInnen ein Traum – warum kann es nicht immer so einfach sein? Für die Tirolerin Stephanie Venier läuft es in diesem Jahr so richtig rund. Zuerst der Sieg im Super G und die Bronzemedaille im Teambewerb bei der Heim-Weltmeisterschaft in Saalbach-Hinterglemm, dann Hochzeit mit ihrem Lebensgefährten, dem Skirennfahrer Christian Walder, und schlussendlich noch die frohe Botschaft vom baldigen Familiennachwuchs. Das Sahnehäubchen ist natürlich noch die Wahl zur Sportlerin des Jahres 2025 – die zum Zeitpunkt des Interviews noch nicht bekannt war, da waren nur die Daumen gedrückt.


NEW MOM: Liebe Stephi, ich freu mich, dass es mit dem Interview so schnell geklappt hat. Ich nehme an, du bist ja schon in Wien wegen der Sporthilfe-Gala heute Abend. Wie geht es dir?
Stephi Venier: Jetzt wieder gut, aber am Sonntag habe ich gedacht, ich muss alles absagen, die Sportler-Gala, euer Foto-Shooting und das Interview jetzt. Ich hatte durch die Schwangerschaft einen Nierenstau, das waren solche Schmerzen, dass ich gedacht habe, ich geh ein. Ich hab zu meinem Ehemann Christian gesagt, das wird unser einziges Kind bleiben (lacht). Aber zum Glück bekomme ich jetzt die richtigen Medikamente und es geht mir wieder gut, wobei ich die Niere schon noch spüre – aber wenn’s weiter nichts ist…
NEW MOM: Ja, ein Nierenstau ist extrem schmerzhaft und leider gar nicht so selten in der Schwangerschaft. Aber gut, dass die Medikamente so schnell geholfen haben und du heute Abend zur Gala gehen kannst. Ich habe gelesen, du liegst bei der Wahl zur Sportlerin des Jahres vorne – was würde dir dieser Titel bedeuten?
Stephi Venier: Es wäre wirklich ein krönender Abschluss meiner Karriere, wenn ich das werden würde. Aber wir haben in Österreich so gute Sportlerinnen, da ist es schon mal eine Ehre, dass ich überhaupt unter die Top drei gekommen bin.
NEW MOM: Offenbar hat es dir nicht geschadet oder ist sogar eher sympathisch rübergekommen, dass du dich getraut hast, den Mund aufzumachen und die Trainingsbedingungen zu kritisieren.
Stephi Venier: Es war für mich keine einfache Zeit. Aber ich habe es als Teil meiner Goldmedaille gesehen, dass ich auch etwas dazu sage und meine Kolleginnen unterstütze, die leider nicht wirklich gehört worden sind mit ihrer berechtigten Kritik. Und dass ich der jüngeren Generation helfe. Für mich war es gut und ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Natürlich hat es auch negative Kommentare gegeben, das aber meistens von solchen, die offensichtlich eh keine Ahnung haben … und überwiegend von Männern (lacht).
NEW MOM: Ich muss zugeben, ich bin jetzt kein ausgesprochener Skisport-Fan und verfolge das nicht so, aber im Rahmen der Diskussion war ich total verwundert, dass das Damen-Ski-Team offenbar immer nur männliche Trainer hat. Warum ist das deiner Meinung nach so?
Stephi Venier: Ich glaube, eine Frau stellt die Familie in den Vordergrund. Das lässt sich nicht mit dem Trainer-Dasein zusammenbringen. Für einen Mann ist es immer noch einfacher, so viel unterwegs zu sein, als für eine Frau.
NEW MOM: Es haben ja nicht alle Kinder. Ich denke, es geht um etwas anderes, nämlich dass einer Frau der Job vielleicht nicht zugetraut wird.
Stephanie Venier: Es gibt schon ein paar Trainerinnen. Aber der Skisport ist einfach eine Männer-Domäne. Das wird auch immer so bleiben.
NEW MOM: Das hoffe ich nicht, aber jetzt einmal zu dir persönlich: Du hast 20 Jahre lang ein komplett durchgetaktetes Leben gelebt. Bist von Ort zu Ort gefahren. Und jetzt hast du theoretisch einmal frei. Du bist immer noch viel unterwegs, aber grundsätzlich ist dieser enorme Termindruck weg. Wie fühlt sich das jetzt an? Ist das befreiend?
Stephanie Venier: Ja, sehr befreiend. Mir ist gar nicht aufgefallen, wie stressig der Sommer eigentlich immer war in den vergangenen Jahren. Du fährst von Training zu Training. Jetzt konnte ich den Sommer einmal voll genießen – ohne Zeitdruck. Ich meine, ich habe schon weiterhin Kooperationen, die ich sehr gerne mache und für die ich auch unterwegs bin. Ich bin ja jetzt auch nicht nur daheim, aber ich verspüre einfach keinen Leistungsdruck mehr. Das ist so ein schönes Gefühl. Das ist das erste Mal in meinem Leben. Ich bin ja von einem Extrem direkt ins nächste gefallen: also vom Leistungssport gleich in die Schwangerschaft. Und ich hab gedacht, ich bin voll gut beieinander, aber die Schwangerschaft ist eine ganz andere Herausforderung.
NEW MOM: Du hast ja als Leistungssportlerin ein sehr spezielles Verhältnis zu deinem Körper. Wie ist das, wenn er sich so verändert? Wenn du plötzlich zunimmst?
Stephi Venier: In der ersten Phase habe ich mir schon schwergetan, das zu akzeptieren. Man hat noch nicht einmal etwas gesehen und ich habe schon gefühlt vier bis fünf Kilo zugenommen. Aber mittlerweile habe ich das voll und ganz akzeptiert. Ich mag meinen Bauch. Christian und ich, wir freuen uns echt auf alles, was kommt. Es war ja eine sehr bewusste Entscheidung für das Kind. Am liebsten hätten wir schon letztes Jahr ein Kind bekommen. Aber wir haben gesagt, die Heim-WM beißen wir noch einmal durch, dann können wir machen, was wir wollen. Wir haben das Glück gehabt, dass es gleich beim ersten Versuch mit dem Baby funktioniert hat.
NEW MOM: Hast du denn jetzt in der Schwangerschaft ein spezielles Bewegungsprogramm?
Stephi Venier: Ich gehe Schwangerschafts-Yoga. Es gibt ja schon brutal viele Apps, über die man online etwas machen kann, aber ich habe mich bewusst dafür entschieden, dass ich vor Ort sein will. So kann man sich auch mit anderen Müttern austauschen. Es ist ja bei mir das erste Kind, ich finde es mega interessant, was andere Frauen empfinden, was sie erleben. Beim Schwangerschafts-Yoga habe ich mir gedacht, easy, ich bin ja Sportlerin, da komme ich hin und kann gleich alles, aber das ist komplett etwas anderes (lacht)! Wir Sportler sind halt von Haus aus ziemlich steif. Ich persönlich muss immer dehnen, damit etwas weitergeht. Dann bin ich hingekommen und habe mir gedacht, das ist gar nicht so einfach. Aber es ist eigentlich immer voll die Gaudi. Neben Schwangerschafts-Yoga bin ich noch viel Rad gefahren, gerade Mountainbiken, aber da habe ich jetzt auch schon mehrere Gänge zurückgeschaltet.
NEW MOM: Gibt es irgendetwas, was dir aus deiner aktiven Zeit abgeht? Was du vermisst?
Stephi Venier: Wenn ich ehrlich bin, aktuell nicht. Ich glaube, wenn die ersten Rennen losgehen, kann es schon sein, dass ich mir denke, wie lässig es war, da oben am Start zu stehen und auf einer abgesperrten Piste so schnell wie möglich runterzufahren. Aber ich könnte mir das aktuell nicht mehr vorstellen, weil ich halt einfach schon abgeschaltet habe. Wie gesagt, das war für mich eine bewusste Entscheidung, die mir leichter gefallen ist, weil ich auf diese Erfolge in der letzten Saison zurückblicken kann. Mit dem Weltmeistertitel habe ich mit mir im Reinen abschließen können. Aber aktuell geht es mir gar nicht ab. Ich genieße die Schwangerschaft, ich genieße alles, was kommt, und ich genieße auch noch die Ruhe.
NEW MOM: Bereitest du dich speziell auf die Geburt vor? Oder lässt du sie einfach auf dich zukommen?
Stephi Venier: Ich habe viele Kolleginnen, mit denen ich mich ausgetauscht habe, die mittlerweile schon Kinder haben. Die haben gesagt, der Geburtsvorbereitungskurs hat ihnen sehr viel geholfen. Und auch das Buch „Die Hebammen-Sprechstunde“. Da habe ich mal ein bisschen reingelesen. Ob ich jetzt den Geburtsvorbereitungskurs machen werde, das weiß ich aber noch nicht. Mit den Hebammen im Krankenhaus habe ich mich auch schon ausgetauscht, was ich tun will, was ich brauche, was mich erwartet. Aber ich glaube, eine Geburt, die kann man nicht vorplanen, die passiert so, wie sie passiert. Aber ich möchte natürlich gebären, wenn das möglich ist. Und ja, ich glaube, ich lasse das ein bisschen auf mich zukommen. Verschiedene Atemübungen habe ich in meiner Sportkarriere zur Genüge gemacht. Ich denke, das kann mir da auch helfen.




NEW MOM: Hast du schon Vorstellungen, wie du als Mutter sein willst oder was dir wichtig ist in der Erziehung?
Stephi Venier: Ich möchte es eigentlich ähnlich halten, wie es meine Eltern bei mir gemacht haben, weil ich eine sehr schöne Kindheit hatte. Ich hatte meine Freiheiten, habe aber trotzdem Regeln befolgen müssen. Ich habe immer das tun dürfen, was ich eigentlich wollte. Wir lassen alles ein bisschen auf uns zukommen. Wir möchten auch das Kind so oft wie möglich mit dabei haben. Je nachdem, wie es damit zurechtkommt. Das kann man im Vorhinein auch nicht planen. Christian ist ähnlich aufgewachsen wie ich. Da haben wir beide die gleichen Ansichten. Uns ist wichtig, ein Kind Kind sein zu lassen. Wir waren beide im Skisport, der Christian und ich, und wenn es gerne Ski fährt, dann soll es gerne Ski fahren, aber wir werden es nie aktiv dazu zwingen, dass es in den Rennsport einsteigt.
„Wir wollen unserem Kind mitgeben, dass man für Sachen kämpft, durchbeißt und nicht sofort aufgibt. Aber auch loslassen kann, wenn es halt gar nicht funktionieren will.“
NEW MOM: Das ist ja die spannende Frage: Dieses Kind ist mit zwei Skirennfahrer-Eltern ja quasi vorbelastet, skifahrmäßig. Wie alt wird es sein, wenn du es zum ersten Mal auf die Ski stellst? Und was ist, wenn es sagt: Skifahren – nein, danke? Bist du dann enttäuscht?
Stephi Venier: Nein, ich werde nicht enttäuscht sein. Es ist halt dann so. Aber probieren werden wir es gleich einmal (lacht). Ich bin das erste Mal mit gut zweieinhalb Jahren auf Skiern gestanden. Aber solange es irgendeinen Sport macht, ist alles gut. Natürlich würde man sich wünschen, dass es die Leidenschaft fürs Skifahren mit uns teilt, aber man kann nichts erzwingen.
NEW MOM: Gibt es Werte aus deiner Ski-Karriere, die du deinem Kind mitgeben möchtest?
Stephi Venier: Man sollte Situationen richtig einschätzen können. Und man sollte auch mutig sein, das werden wir unserem Kind auf alle Fälle mitgeben, egal in welcher Lebenslage. Dass man für Sachen kämpft, durchbeißt und nicht sofort aufgibt. Aber auch loslassen kann, wenn es halt gar nicht funktionieren will. Wichtig ist auch, das Leben zu genießen, und man soll sich immer treu bleiben und sich nicht verbiegen lassen – für nix. Ich habe mich auch nie mit meinem Dialekt verstellt oder so. Die, die mich verstehen wollen, die verstehen mich eh …
NEW MOM: Und wenn dein Kind dann doch in den Skizirkus einsteigen will, wirklich RennfahrerIn werden will?
Stephi Venier: Dann hat es auch unsere volle Unterstützung. Der Skirennensport, der ist natürlich schon … auch gefährlich. Aber wenn die Begeisterung da ist, die Leidenschaft, das Talent, dann kannst du halt als Elternteil auch schwer Nein sagen. Vielleicht können wir dann unsere Kinder mit unserer Erfahrung ein bisschen leiten.
NEW MOM: Hast du Pläne für nach der Baby- Pause? Bleibst du dem Skisport treu?
Stephi Venier: Ich habe das Glück gehabt, dass ich während meiner Karriere vom Zollamt Österreich unterstützt worden bin. Und da habe ich jetzt eine Stelle und kann sofort anfangen. Ich habe 2015 und 2016 auch die Ausbildung dafür gemacht. Dem Skisport möchte ich in dem Sinne schon ein bisschen etwas zurückgeben. Vor allem interessiert mich die Nachwuchsarbeit, weil mir der Nachwuchs generell sehr am Herzen liegt. In welcher Art und Weise das sein wird, das weiß ich jetzt noch nicht. Weil jetzt konzentriere ich mich mal auf das Muttersein und auf das Familienleben. Komplett von der Bildfläche zu verschwinden, das kann ich aber definitiv ausschließen.

NEW MOM: ÖSV-Damentrainerin wirst du aber nicht werden?
Stephi Venier: Wahrscheinlich nicht (lacht). Und unter uns gesagt, ich weiß halt, was das bedeutet. Vor allem, ich will auch nicht mehr ständig unterwegs sein. Ich bin einfach viel zu gerne daheim. Wir sind auch nach unserer Hochzeit nicht einmal auf Flitterwochen gefahren, wir sind so gerne endlich einmal zu Hause.
NEW MOM: Liebe Stephi, vielen Dank für das nette Gespräch und alles Gute für die Wahl zur Sportlerin heute und natürlich auch für die Geburt!
Stephi Venier: Sehr gerne! Hat Spaß gemacht.
Fotograf: CLIFF KAPATAIS ist ein mehrfach ausgezeichneter Food- und Porträtfotograf aus Wien mit griechischen Wurzeln, bekannt für seine kreative Bildsprache und seine Arbeit für int ernationale Marken. Neben seiner fotografischen Tätigkeit leitet er eine Agentur, organisiert Workshops und engagier t sich als Speaker und Dozent für moderne Fotografie.
Bilder: Cliff Kapatais – www.pixelcoma.at / in-bloom.photography
und taco media (vom Fotoshooting)
Autor:in:
Eva Sorantin ist Chefredakteurin von NEW MOM & all4family, Mutter von vier Kindern und beruflich schon seit über 20 Jahren in der Verlagsbranche im Bereich Familienmedien tätig. Wenn sie nicht…
Bildquellen
- Pixelcoma_Stephanie_Venier_BTS_8: taco media
- Pixelcoma_Stephanie_Venier_BTS_6: taco media
- Pixelcoma_Stephanie_Venier_BTS_5: taco media
- Pixelcoma_Stephanie_Venier_BTS_4: taco media