Das Image des Babyfläschchens leidet unter seiner großen Konkurrenz und wird Muttermilch niemals den Rang ablaufen. Schließlich weiß schon jedes Kind: „Am besten schmeckt es bei Mama“. Wenn Stillen aber nicht möglich ist, wird der Hunger natürlich anders gestillt.
Was Sie über Fläschchen, Folgemilch und Feinzeichen wissen sollten….
SÄUGLINGSNAHRUNG IM ÜBERBLICK
Industrielle Säuglingsnahrung wird in Anfangs- und Folgenahrung eingeteilt.
Mittlerweile sind die sogenannten Anfangsnahrungen recht ausgeklügelt zusammengesetzt und den Bedürfnissen von Säuglingen bestmöglich angepasst, sodass sie in den ersten vier bis sechs Lebensmonaten ohne zusätzliche Beikost gegeben werden können.
Im ersten Lebenshalbjahr sind ausschließlich diese Produkte als Muttermilchersatz geeignet und im Handel unter der Bezeichnung PRE-Nahrung oder 1er-Nahrung zu finden.
- Viele PRE-Nahrungen enthalten als Kohlenhydratlieferant lediglich Milchzucker und sind im Eiweißanteil der Muttermilch am ähnlichsten. Daher gelten sie als erste Wahl, wenn nicht gestillt werden kann.
- In 1er-Nahrung steckt zusätzlich zum Milchzucker oft auch Maltodextrin oder glutenfreie Stärke. Aus diesem Grund macht sie länger satt, ist aber auch schwerer zu verdauen. Obwohl manche schlaflose Nacht dazu verleiten könnte, das Baby damit abzufüllen: Der kleine Verdauungstrakt ist damit im ersten Lebenshalbjahr meist überfordert. Grund genug, dass Kinderärzte sie frühestens ab dem 5. bis 7. Lebensmonat empfehlen.
Folgenahrung (2er-Nahrung), die – wenn überhaupt – frühestens ab dem 7. Lebensmonat als Teil einer Mischkost zum Einsatz kommen sollte, ist als alleiniger Nährstofflieferant ungeeignet und enthält zudem viel Zucker. Wer bis zum ersten Lebensjahr und dem Umstieg auf Familienkost bei PRE- oder 1er- Nahrung bleibt und schließlich nach dem ersten Geburtstag Produkte aus pasteurisierter Kuhmilch auf dem Speiseplan stehen hat, isst sicher besser.
SO FUNKTIONIERT’S
Geht’s ans Essen und Trinken, wird das Baby in bequemer Wiegehaltung in den Arm genommen und der Sauger in den kleinen Mund gesteckt. Die Flasche sollte dabei niemals mit vollem Gewicht auf den Lippen abgelegt werden. Schließlich braucht das Unterkiefer für seine Saugbewegung ausreichend Bewegungsfreiheit. Ob das Saugloch auch die richtige Größe hat, lässt sich leicht testen. Umgedreht darf pro Sekunde nicht mehr als ein Tropfen austräufeln. Denn je größer das Loch, umso mehr Luft kann mitgeschluckt werden und Bauchschmerzen und Blähungen zur Folge haben. In jedem Fall sollte dem Baby die Möglichkeit gegeben werden, gelegentlich aufzustoßen. Dafür wird es hochgenommen, ein „Bäuerchen“ gemacht und idealerweise danach ein Seitenwechsel angeboten. Denn eine beidseitige Stimulation unterstützt neben der Augenkoordination auch die Reifung des Gehirns. So macht jede Mahlzeit nicht nur satt und zufrieden, sondern auch schlau. Babys verständigen sich über ganz feine Signale mit ihrer Umwelt. Diese sogenannten Feinzeichen der frühkindlichen Kommunikation beginnen bereits kurz nach der Geburt und können bei weniger genauem Hinsehen leicht übersehen werden. Dem Blick der Mutter wird es aber kaum entgehen, wenn der Säugling zu schmatzen beginnt, die Zunge herausstreckt oder seine Lippen spitzt und damit Klartext spricht: „Ich habe Hunger und möchte saugen!“
Damit das Baby nicht unter Verstopfung und Blähungen leidet, ist es wichtig auf die richtige Dosis des Milchpulvers zu achten.
WANN IST DAS BABY SATT?
Mitunter werden die Mengenangaben des Nahrungsherstellers aber nicht immer erfüllt. Auch wenn das zu Beginn verunsichert, sollte der großen Individualität unserer Kleinsten Beachtung geschenkt werden. Gesunde Kinder wissen selbst am besten, wann sie satt sind und wann wieder Zeit ist, um zu essen und zu trinken. Wenn von „ad libitum“ die Rede ist, heißt dies so viel wie sich ganz nach dem Hungergefühl des Babys zu richten statt an starren Essenszeiten festzuhalten. Wendet es sich ab oder schiebt es die Flasche von sich weg, ist eine kurze Pause angesagt. Nur wenn noch einmal Interesse gezeigt wird, sollte ein Nachschlag serviert werden. Die einen essen eben lieber seltener und dafür große Portionen, die anderen häufiger kleinere Portionen. Solange das Baby bei Gedeih- und Gewichtskontrollen eine „gute Figur“ abgibt, ist schlussendlich alles in bester Ordnung.
- In den ersten sechs Lebensmonaten verdoppeln Kinder meist ihr Geburtsgewicht.
- Am ersten Geburtstag hat es sich oft schon verdreifacht.
7 TiPPS FÜR DAS BABYFLÄSCHCHEN
- FRISCH ZUBEREITEN
Mit einem Messlöffel die empfohlene Menge Pulver in die Flasche geben und mit etwa 1/3 Bedarfsmenge aus frisch aufgekochtem Wasser übergießen. Mit dem Abdeckschutz verschließen und schütteln, bis sich das Pulver aufgelöst hat. Anschließend die letzten 2/3 zur gewünschten Trinkmenge mit bereits abgekühltem abgekochten Wasser auffüllen und nochmal kurz aufschütteln. - WASSER ABKOCHEN
Gewiefte füllen dafür abgekochtes Wasser in eine Extraflasche ab und lassen es auskühlen. So steht immer abgekühltes Wasser für eine trinkfertige Mischung parat. - SCHLUCKAUF VERMEIDEN
Das Fläschchen kurz stehen lassen, damit sich alle Bläschen, die durch das Schütteln entstanden sind, auflösen und das Baby keine Luft verschluckt. Noch besser: die verschlossene Flasche rollen oder mit einem langen Löffel umrühren. - PERFEKTE TRINKTEMPERATUR
Um die ideale Temperatur von 37 Grad zu überprüfen, werden vor dem Füttern ein paar Tropfen auf die eigene empfindliche Innenseite des Handgelenkes geträufelt. - GEWAPPNET FÜR DIE NACHT
Am besten wird bereits abends alles vorbereitet und neben das Bett gestellt. Dafür das abgemessene Milchpulver bereits ins Fläschchen geben und wenn das Baby Hunger hat mit Wasser mischen. Wasser für den Bedarfsfall abends abkochen und in einer Thermoskanne temperiert halten. So sieht auch das praktische Vorgehen für Ausflüge oder längere Autofahrten aus. - AUSTRINKEN ODER WEGSCHÜTTEN
Zubereitete Fläschchen sollten innerhalb von zwei Stunden getrunken werden und dürfen später nicht wieder aufgewärmt werden. Auch Warmhalten ist nicht ideal, somit besteht keine Notwendigkeit für einen Flaschenwärmer. Frisch zubereitet und sofort bei 4° C im Kühlschrank gekühlt ist die Mahlzeit etwa acht Stunden haltbar und kann bei Bedarf im Wasserbad auf Trinktemperatur gebracht werden. Bevorzugt sollte jedoch die frische Zubereitung werden. - FLÄSCHCHEN-HYGIENE
Die einfachste Methode, um Keime abzutöten, ist Abkochen in heißem Wasser. Babyflaschen und Zubehör in einen großen Kochtopf mit Wasser geben und fünf Minuten kochen. Leider werden die Sauger mit der Zeit davon unansehnlich und müssen ersetzt werden.
Lese-Tipp
Ingeborg Hanreich,
Essen und Trinken im Säuglingsalter
ISBN 978-3-901518-33-1
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel