Die meisten Neugeborenen kommen mit einer klebrigen, weißlichen Fettschicht auf der Haut zur Welt. Die sogenannte Käseschmiere oder Vernix caseosa dient als Schutzschicht gegen das Aufweichen der Haut durch das Fruchtwasser. Nach der Geburt sollte die Käseschmiere nicht weggewaschen werden:
- Sie wärmt das Baby in den ersten Stunden nach der Geburt,
- schützt es vor Austrocknung,
- hält Hautkeime ab,
- pflegt die Haut
- und zieht dann ganz von selbst in die Haut ein.
Der letzten Wehe folgt der erste Schrei eines neugeborenen Kindes. Blut, Schweiß und Tränen liegen noch in der Luft, wenn eine Mutter ihr Baby das erste Mal in den Armen hält. Die Zeit scheint für einen Moment stillzustehen…
Sobald sich die Blicke der Eltern und ihres Babys zum ersten Mal treffen, durchflutet die meisten eine Woge der Erleichterung und Dankbarkeit. Doch auch eine gewisse Nüchternheit ist ganz normal. Besonders wenn die Erschöpfung groß ist und sich eine Gebärende leer und ausgepumpt fühlt, braucht sie manchmal etwas mehr Zeit, um alles zu begreifen. Statt Tränen der Rührung zu vergießen, werden dann eher erst mal die Fingerchen gezählt und kontrolliert, ob auch wirklich alles dran ist. Auch Schmerzen und Ängste können das Geschehen überlagern, und manche Frauen sind regelrecht überfordert, wenn ihnen wenige Sekunden nach der Geburt das feuchte, blutverschmierte, weiche Neugeborene auf den Bauch gelegt wird.
Ob die Hebamme das Neugeborene der Mutter in die Arme legt oder sie ihr Kind selbst an sich nehmen möchte, gehört zu den Dingen, die in einem sogenannten Geburtsplan festgeschrieben und mit der betreuenden Hebamme besprochen werden. Nur wer sich im Vorfeld einige Gedanken macht, wird die möglichen Gestaltungsspielräume nutzen können und nicht von Routinen überrollt.
Neugeboren und abgenabelt
Wenn es der Allgemeinzustand des Neugeborenen und der Mutter zulässt, ist ein ungestörter Moment der Dreisamkeit wünschenswert. Das Baby sollte dafür mit seinem nackten Bauch auf der Haut seiner Mama liegen und mit trockenen, warmen Tüchern zugedeckt werden. So hört es weiterhin ihren Herzschlag, spürt ihre Körperwärme und ist gut gegen Auskühlung geschützt. Das ist wichtig, denn Neugeborene können ihre Körpertemperatur nicht gut regeln und dürfen nicht auskühlen. Sonst verlieren sie zu viel Energie, die sie für die große Anpassungsleistung an das Leben außerhalb des Mutterleibs brauchen, welche mit ihrem ersten Atemzug begonnen hat.
Dafür muss das Baby noch nicht einmal abgenabelt sein. Denn der Zeitpunkt für das Durchtrennen der Nabelschnur ist individuell sehr verschieden und ergibt sich oft erst aus der Situation wenige Sekunden nach der Geburt. Kann das Abnabeln in aller Ruhe vorbereitet werden, darf meist die Begleitperson diesen einschneidenden Akt vornehmen. Denn die Nabelschnur zu durchtrennen steht wohl zeitlebens für ein eigenständiges Leben.
Liebe auf den ersten Blick
Gesunde Neugeborene kommen mit einem ausgeprägten Reflexverhalten auf die Welt und reagieren auf die vielen Sinneseindrücke, die plötzlich auf sie einprasseln, mit Schreien, wilden Armbewegungen und dem Wegdrehen ihres Köpfchens. Gut so, denn Reflexe sind ein Zeichen dafür, dass das Baby neurologisch gesund ist. Um es nicht zu überreizen, schafft man am besten eine angenehme Atmosphäre für das Neugeborene:
- Gedämpftes Licht,
- das Vermeiden von intensiven Gerüchen wie Parfüms oder Desinfektionsmitteln,
- wenige Positionswechsel und Ruhe
helfen ihm dabei, sich zu entspannen. Schließlich hat der kleine Mensch gerade eine Geburt hinter sich gebracht, reichlich Stresshormone ausgeschüttet, seine Lungen entfaltet und wird bald zum ersten Mal an der Brust seiner Mutter Nahrung aufnehmen.
Denn die Zeit des Lebens wie im Schlaraffenland ist nun vorbei: Mit dem Durchtrennen der Nabelschnur wurde die Verbindung zum Mutterkuchen unterbrochen, der das Baby während der Schwangerschaft mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt hat. Innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt beginnen fast alle Babys zu schmatzen, die Zunge herauszustrecken und sich über die Lippen zu schlecken. Sie zeigen damit unmissverständlich, dass sie hungrig sind und gestillt werden möchten.
Würde man ein Neugeborenes bis zu diesem Zeitpunkt zwischen den Beinen oder auf dem Bauch der Mutter liegen lassen, würde es nun beginnen, langsam in Richtung Busen zu robben, um dort anzudocken. Der angeborene Suchreflex hilft allen Menschenkindern, nicht zu verhungern und die richtige Nahrungsquelle zu finden. Das erste Stillen sollte daher unbedingt zu diesem Zeitpunkt stattfinden.
Bonding nach dem Kaiserschnitt
Bonding heißt übersetzt Verbindung und ist kein Ereignis, sondern vielmehr ein Prozess. Glücklicherweise kann der Haut-zu-Haut-Kontakt auch später noch nachgeholt werden, wenn während der Geburt Komplikationen eintreten oder das Baby sich mit der Anpassung an das Leben außerhalb des Mutterleibs schwertut und erst mal medizinisch versorgt werden muss.
Im Falle eines Kaiserschnitts darf das Baby meist trotzdem auf die Brust seiner Mama gelegt werden und dort zumindest ein paar Minuten verweilen. Ganz so ungestört wie zu Hause oder im Kreißsaal ist das zwar nicht, aber allemal besser als gar nichts. Später übernimmt dann meist der andere Elternteil das Bonding, bis die Operation beendet ist und wieder alle glücklich vereint sind.
Hormon Oxytocin
Beim Stillen und mit jedem Haut-zu-Haut-Kontakt wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Es bringt die Milchproduktion in Gang, fördert die Rückbildungsprozesse der Mutter, reduziert Stress und stärkt die Eltern-Kind-Beziehung. Das Bindungshormon dient als magischer emotionaler Kitt und verbindet ein Kind mit seinen Eltern – vom ersten Augenblick an und für das ganze Leben.
„Kuscheln, Stillen, zärtliche Küsse und ein sanftes Streicheln über die zarte Babyhaut … nichts ist in der ersten Stunde nach der Geburt schöner und wichtiger. Wiegen, Messen, Baden, Anziehen und Telefonieren sollten unbedingt hintangestellt werden.“ – Hebamme Katharina Wallner
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel