Brustoperationen führen oft erst nach Jahren zu Problemen. Dann nämlich, wenn der Busen nicht mehr nur seine optische Aufgabe zu erfüllen hat, sondern auch seine nährende Funktion gefragt ist. Denn: Brust-OPs können grobe Auswirkungen auf den Stillerfolg haben.
„Happy birthday to you, Marmelade im Schuh, Silikon in den Busen, happy birthday to you!“ ertönt es ausgelassen bei Sinas 18. Geburtstag. Freudestrahlend überreicht ihre Mutter das Geburtstagsgeschenk der Familie: eine Schachtel voller schöner Erinnerungen. Kinderfotos, die ersten Milchzähnchen, eine goldige Locke und auf dem Schachtelboden ein pinkes Kuvert aus der Gegenwart – ein Gutschein für eine Brustvergrößerung! Die bildhübsche junge Frau lächelt, ihr stehen Tränen in den Augen. Ob es Freudentränen, Rührung oder gemischte Gefühle sind, kann sie im Moment selbst nicht genau sagen. Eigentlich sollte sie ja glücklich sein …
Auswirkungen einer Brust-OP
14 Jahre später. Sina sitzt mit ihrem kleinen Söhnchen in der Stillambulanz. Nach zehn Tagen vergeblicher Mühen, das Baby ausreichend mit Muttermilch zu versorgen, ist sie am Ende ihrer Kräfte. Der Bub hat sein Geburtsgewicht noch nicht wiedererlangt, die Kinderärztin mahnt eindringlich, ein Fläschchen zu geben, und Sinas Busen schmerzt. Längst hat sie begonnen, mit der Brustvergrößerung zu hadern. Dass Sina ihr D-Körbchen so teuer bezahlen wird, hat damals niemand erwähnt. Heute weiß die mittlerweile 33-Jährige: „Mit 18 habe ich mich tief in meiner Seele ja eigentlich nach etwas anderem gesehnt als nach einem größeren Busen. Mir wäre lieber gewesen, meine Eltern hätten mich in meinem Selbstwertgefühl gestärkt und meine natürliche Schönheit gelten lassen.“
Eingriffe haben Einfluss
Wie es mit den Möglichkeiten steht, Muttermilch zu produzieren, sollte bereits vor einer Brust-Operation bewertet werden. So lassen sich Schwierigkeiten beim Stillen mitunter schon vorhersagen: „Bruststrukturen, wie ein Mangel an Drüsengewebe, ungleich große oder sehr weit auseinanderstehende Brüste, lassen schon im Vorfeld darauf schließen, dass Brustdrüsengewebe fehlt und Stillen schwierig werden könnte – sowohl an der operativ aufgebauten als auch an der naturbelassenen Seite““, versichert Stillexpertin Martina Reisinger. Ebenso sei es ein Irrglaube, dass ein großer Busen grundsätzlich die ergiebigere Nahrungsquelle für ein Baby darstellt als ein kleiner. Ausschlaggebend sind einerseits das vorhandene Drüsengewebe und andererseits die hormonelle Situation der Frau. Die anmutigen Fettpölsterchen, die Brüste prall und rund erscheinen lassen, haben darauf keinen Einfluss. Wie der Operateur schlussendlich vorgeht, hat großen Einfluss auf den späteren Stillerfolg, weiß auch die Stillexpertin: „Bei einer Schnittführung in der Nähe des Warzenhofs kann der vierte Interkostalnerv beschädigt werden. Er spielt eine entscheidende Rolle für den Milchspendereflex und ist damit maßgeblich an der produzierbaren Milchmenge beteiligt.“
Gute Nachrichten für Mütter, die stillen möchten
Prinzipiell hat jede Brustoperation Einfluss auf das Stillen und die Fähigkeit, Milch zu produzieren. Wird der Busen kleiner gemacht, sind die Auswirkungen meist größer als bei Brustvergrößerungen.
Denn der Erfolg des Stillens nach einer Brustoperation hängt davon ab,
- wie viel Drüsengewebe entfernt,
- wie der Schnitt geführt wurde,
- wie groß das Ausmaß an Nervenschädigungen ist,
- wie viel Zeit zwischen der Operation und dem Stillbeginn vergangen ist
- und nicht zuletzt, wie es mit der inneren Haltung gegenüber dem Stillen aussieht.
Frauen sollten sich jedenfalls bewusst sein, dass ausschließliches Stillen nach einer OP nicht immer möglich sein wird. Ein teilweises Stillen liegt aber fast immer im Rahmen der Möglichkeiten, wenngleich es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Mehraufwand verbunden ist.
Eine gesellschaftliche Frage
Unbestritten: Babys und ihre Mütter profitieren vom Stillen. Am allermeisten aber profitieren Mädchen von Eltern, mehr noch: von einer Gesellschaft, in der es nicht so wichtig ist, wie wir aussehen, sondern vielmehr, wer wir sind.
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel