Ernährung, Darmgesundheit, Darmflora und das Immunsystem sind eng miteinander verknüpft und bedingen einander sogar gegenseitig. Wie aber können New Moms ihrem Kind mit der altersgerechten Ernährung zu einem guten Start ins Leben verhelfen? Wir haben dazu eine Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin befragt.
„Eine altersgerechte, gesunde und ausgewogene Ernährung legt den Grundstein für eine gesunde Entwicklung des Immunsystems für das ganze Leben“, stellt Dr. med. Annette Eiden, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin in München, klar. Was Eltern bedenken müssen: Die Verdauung unserer Nahrung beginnt bereits mit der Nahrungsaufnahme im Mund, setzt sich mit der Zerkleinerung der Nahrung durch Kauen und im Magen fort, schließt die Aufnahme der Nährstoffe in die Blutbahn mit ein und findet schließlich in der Ausscheidung unverdauter Nahrungsrückstände ihr Ende.
Natürliche Geburt von Vorteil
Bereits die Art der Geburt ist entscheidend für die Zusammensetzung der Darmflora. Untersuchungen haben diesbezüglich Unterschiede zwischen Kindern, die auf natürlichem Weg, und jenen, die per Kaiserschnitt geboren wurden, ergeben. „Bei Kaiserschnitt-Kindern fehlt der Kontakt mit wichtigen Keimen, die noch beim Geburtsvorgang mit der Besiedlung des Darms beginnen“, so Dr. Eiden. Was aber, wenn eine Spontangeburt nicht möglich ist? Sind diese Kinder von Anfang an benachteiligt? „In diesem Fall rate ich den Müttern dazu, wenn möglich zu stillen, zudem empfehle ich, prophylaktisch ein Darmflorapräparat zu verabreichen, auch wenn es noch keine ausreichenden Erfolgsstudien darüber gibt.“
Muttermilch
Stillen sei in jedem Fall die bessere Wahl. Ein wichtiges Argument für das Stillen ist nicht zuletzt auch die Phase des Zufütterns. Wenn die ersten Essversuche erfolgen, „repariert“ die Muttermilch sozusagen allfällige Ernährungssünden. Studien ergaben, dass Kinder weniger Allergien oder andere Unverträglichkeiten entwickeln, wenn sie zunächst mindestens vier Monate ausschließlich und anschließend teilweise wurden. Allerdings dürfe, warnt die Expertin, daraus kein Wettbewerb oder Stress für Mütter entstehen. „In einer guten Elternschaft müssen so viele Aufgaben bewältigt werden, dass man Stillen, sollte es nicht klappen, nicht überbewerten sollte. Die Zusammensetzungen von industriell hergestellter Babynahrung, sogenannten Formula-Nahrungen, sind im Grunde sehr ähnlich!“ Um Übergewicht zu vermeiden, empfiehlt Anette Eiden, die gesamte Zeit bis zum Nahrungsaufbau die muttermilchähnliche Pre-Nahrung zu geben.
Facettenreicher Babystuhl
Speziell in den ersten Wochen zeigen sich die meisten Eltern sehr besorgt über die Nahrungsaufnahme und Verdauung ihrer Kinder. Frequenz und Konsistenz des Babystuhles sind vor allem beim gestillten Säugling sehr variabel: Der erste Stuhl des Neugeborenen wird wegen seiner dunklen Farbe als Kindspech (Mekonium) bezeichnet. Danach wird er flüssiger und heller in der Farbe. Der Darm reift im ersten Lebensjahr weiter und lernt, effizienter zu arbeiten. Die angebotene Nahrung wird immer besser verdaut, womit auch die Häufigkeit des Stuhlgangs abnimmt.
„Ich will das nicht essen!“
Je jünger das Kind, umso leichter können Eltern ihre Aufgabe als Ernährer erfüllen. Doch sehr häufig äußern bereits Kleinkinder klar: „Ich will das nicht essen!“ Eltern sollten sich in keinem Fall einem Essensstress aussetzen. Je mehr „Theater“ um das Essen gemacht wird, umso interessanter wird es für das Kind, Widerstand zu leisten. Manchmal lehnen Kinder gewisse Speisen einfach auch aus dem Grund ab, dass sie ihnen nicht gut tun oder gar Allergien und Unverträglichkeiten auslösen könnten. Kinder sind da oft sehr sensibel. Bei Verdacht auf Probleme oder Krankheiten im Bereich der Verdauung des Kindes sollte unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden.
Verständnis fördern
Die Kinderärztin und vierfache Mutter Anette Eiden empfiehlt, den Kindern eine Art Dankbarkeit für das Essen zu vermitteln: „Wir sind froh, nicht hungern zu müssen und in einem Land zu leben, wo wir aus vielen Angeboten wählen können.“ Schon die Kleinen verstehen, dass es nicht jeden Tag ihr Lieblingsessen geben kann. Die Eltern wissen, was es auf dem Markt gerade frisch zu kaufen gibt, was Saison hat, und die Kinder dürfen sich aus diesen Zutaten immer wieder einmal ihr Lieblingsessen wünschen.
Wichtig: Die Kinder sollten stets probieren, was auf den Tisch kommt. Denn Kinder, die von Anfang an gewöhnt sind, aus frischen Zutaten zubereitete Speisen zu essen, nehmen diese meist gerne an. Als hilfreich erweist es sich auch, Kindern nicht unbedingt die Essensmenge vorzugeben, sondern sie auch einmal selbst herausschöpfen zu lassen. Eines ist fix: Es ist nicht wichtig, was letzten Dienstag, Mittwoch oder Samstag gegessen wurde – was zählt, ist das große Ganze … und, last but not least, das Vorbild! Wenn Eltern selbst ständig beim Essen herumnörgeln, dürfen sie sich über kleine Essensverweigerer nicht wundern.
Was passiert eigentlich in Babys Bäuchlein?
Mittlerweile hat sich schon herumgesprochen, dass Babys Bäuchlein kein reiner Nährstoffverwerter ist. Auch ein wesentlicher Teil der natürlichen Abwehrkräfte ist dort beheimatet. Relativ neu ist jedoch das Wissen darüber, dass der Bauch der Schlüssel zur inneren Zufriedenheit ist. Durch die richtige Ernährung kann das Wohlbefinden gefördert werden.
Der Darm
Noch steht die Forschung am Anfang, doch die Ergebnisse sind verblüffend: Im Darm befinden sich Milliarden Nervenzellen, die ähnlich den Gehirnzellen Informationen über Botenstoffe austauschen. So kommt es nicht von ungefähr, dass Mediziner vom „Bauchhirn“ sprechen. Spannend ist, dass der im Volksmund als Glückshormon bezeichnete Botenstoff Serotonin überwiegend im Darm gebildet wird. Der Ursprung der Emotionen ist also nicht der Kopf, sondern der Bauch. Das Gehirn ist jedoch dank ständiger Kommunikation darüber im Bilde, was unten passiert.
Die Darmflora
In Babys Bäuchlein siedeln sich im Laufe der Darmreifung nützliche Darmbakterien an. In Summe werden sie als Darmflora bezeichnet. Gute Darmbakterien werden jedoch nur dann sesshaft, wenn sie mit besonderen (vor allem prebiotischen) Ballaststoffen und später mit fermentierten Milchprodukten verwöhnt werden. Muttermilch enthält diese speziellen Ballaststoffe und fördert so die Reifung der Darmflora optimal. Die Ernährung entscheidet also mit darüber, welche Bakterien sich im Bäuchlein um Babys Wohlbefinden kümmern.
Ernährungstipps
- Ausgewogene Mischkost
Setzt sich aus reichlich pflanzlichen Lebensmitteln, Getreide, mäßig tierischen Produkten sowie einem geringen Anteil an fettreichen Lebensmitteln zusammen. - Fleisch
Für eine gute Versorgung mit Spurenelementen ist ein Fleischanteil von etwa 12 Prozent empfehlenswert (Dr. B. Koletzko, Kinderklinik München) – das bedeutet etwa 30 Gramm Fleisch für eine Breimahlzeit. Meist wird allerdings eher zu viel Fleisch konsumiert. Für größere Kinder gilt daher so wie für Erwachsene: Zweimal Fleisch pro Woche genügt vollkommen. - Ballaststoffe
Vollkorngetreideflocken (ab dem 6. Lebensmonat). Hat man früher von verschiedenen Nahrungsbestandteilen (Gluten, Milchprotein, Milchzucker) eher abgeraten, geht man heute davon aus, dass gerade das Zuführen all dieser Nahrungsmittel und die Vielfalt zu diesem frühen Zeitpunkt unter dem Schutz der Muttermilch der Darmgesundheit der Kinder besonders zugute kommen. - Süßigkeiten und stark zuckerhaltige Getränke sollten vermieden werden!
- Vorsicht! Wegen der Gefahr der Verunreinigung mit Bakterien (v. a. dem gefährlichen Clostridium botulinum, das Säuglingsbotulismus, eine schwere Vergiftung, auslöst) sollte Honig im ersten Lebensjahr nicht angeboten werden!
- Kuhmilch
Laut Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) kann ab dem 6. Monat bzw. der 23. Lebenswoche max. 1x/Tag verwendet werden- etwa im Brei, z. B. abends. Die Gesamt-Kuhmilchmenge sollte maximal 100-200 ml pro Tag betragen.
Autor:in:
DI Roswitha Wurm Dipl. Legasthenie-, Dyskalkulie- und Lerntrainerin, Buchautorin und freie Redakteurin, (Sport)mentaltrainerin https://lesenmitkindern.at/ Aktuelle Artikel