Zwei auf allen Vieren
Erst ein Hund, dann ein Baby: Familiengründung beginnt nicht selten mit der Anschaffung eines Haustieres. am Vierbeiner werden schon mal Fürsorglichkeit und Versorgungsarbeit erprobt. wenn in der Hundeerziehung noch Luft nach oben ist, sollte neben dem Geburtsvorbereitungskurs unbedingt auch die Hundeschule besucht werden.
Viele Hunde habe in „ihren Familien“ das Zepter in der Pfote und nehmen sich ziemlich viel heraus. Sie schlafen im Bett, sitzen am Sofa, fordern frech Spiel- und Streicheleinheiten ein, und meist bekommen sie diese auch unverzüglich. Ein Baby macht das ganz ähnlich. Das kleine „Bedürfnisbündel“ lässt sich nämlich auch nicht lange vertrösten, wenn es Hunger hat, die Windel voll ist oder ein „Buh“ drückt.
Klar aber, dass es künftig den Vorrang haben wird! Damit der Hund nicht verärgert reagiert, muss er also sanft vom Thron gestoßen werden. Und um diese neue Weltordnung – in der vielleicht der Hund erstmals nicht mehr das Alphatierchen ist – keinesfalls mit der Ankunft des Babys zu verknüpfen, sollte man spätestens die Schwangerschaft dafür nutzen.
Für den Vierbeiner gilt es nun:
- warten zu lernen,
- sich an die Leine zu gewöhnen,
- neben einem Kinderwagen zu gehen
- und Kommandos ohne Wenn und Aber zu akzeptieren.
Denn ein Hund ohne Manieren kann einem Kleinkind durchaus gefährlich werden: Die Auswertung der IDB-Daten (Injury Database) durch das Kuratorium für Verkehrssicherheit zeigt, dass in Österreich im Schnitt jährlich 725 Kinder im Alter von null bis 14 Jahren von Hunden gebissen werden.
Erstes Kennenlernen:
- Nach ein paar Tagen kann man eine Begegnung aktiv ermöglichen und das Baby beschnuppern lassen.
- Das Köpfchen muss von Anfang an eine absolute Tabuzone sein.
Feste Regeln
Das Kinderzimmer ist idealerweise eine hundefreie Zone. Das macht den Alltag sehr viel einfacher. Denn so kann das Baby dort ungestört schlafen, krabbeln und später auch spielen – natürlich mit seinen eigenen Spielsachen und nicht mit dem Kauknochen des Vierbeiners. Mit den vielen neuen Gegenständen, die in der Familie mit einem Kind Einzug halten, sollte man den Hund übrigens schon in der Wartezeit auf das Baby konfrontieren und feste Regeln etablieren.
Dieses Trockentraining spart später Zeit und vor allem Nerven. So gilt ein klares „Aus“ wenn der Hund beispielsweise seine Nase ins Bettchen steckt oder sich wie ein Wachhund neben die Babyschale legt. Denn er braucht weder über das kleine Familienmitglied wachen noch es miterziehen.
In der Natur würde eine Hundemutter jedenfalls niemanden an ihre Welpen heranlassen. Mit diesem Wissen sollten Eltern den Vierbeiner konsequent zurückweisen, wenn er das Baby beschnuppern und abschlecken möchte. Wer von Abschlecken und Schnüffeln hört, denkt zu Recht an Hygienemaßnahmen. übertriebene Hygiene ist nicht angesagt. Es wird aber jedenfalls empfohlen, Polstermöbel, Teppiche, das Auto und den Hund nochmal gründlich zu reinigen, bevor das Baby einzieht. Zudem sollte im Zusammenleben mit einem Hund regelmäßig überprüft werden, ob er wurmfrei ist. Denn ein Befall mit einem Bandwurm bleibt oft jahrelang unbemerkt und kann für Menschen durchaus lebensbedrohlich werden.
Rückzug und Ruhezone
Das Baby ist also ganz klar das „Junge“ der Menschen und hat ein abgestecktes Territorium. Anderseits muss auch das Hundeplätzchen für das Baby tabu sein. Aus diesem Grund sollte das Körbchen auch nicht mit einer Babywindel besudelt werden, wie es ein weit verbreiteter Tipp empfiehlt. Das vermittelt dem Hund nämlich, dass jemand sein Revier markiert hat – was naturgemäß nicht gut ankommt. Es kann bei ihm aber auch das Gefühl auslösen, sich des Rudelneuzugangs annehmen zu müssen.
Dieser Irrglaube ist gefährlich, weil hündische Maßregelungen, und seien sie noch so „lieb gemeint“, für ein Menschenkind denkbar ungeeignet sind. Wenn der Hund gut erzogen ist, Rollenklarheit im „Rudel“ herrscht und die notwendigen Aufsichtspflichten erfüllt werden, steht einer Freundschaft fürs Leben zwischen Baby und Bello nichts im Wege!
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel