Schock! Der neugeborene Matti ist so ein süßes Baby, aber irgendetwas stimmt mit seinen Füßen nicht.
Sie sind
- unbeweglich,
- zeigen nach unten
- und sind nach innen gedreht.
Klumpfüße, lautet die Diagnose, in Mattis Fall ziemlich ausgeprägt. Das ist die schlechte Nachricht. Aber es gibt Hoffnung: Die moderne Ponseti Behandlung verspricht Erfolg ohne größere Operation.
Gefragt sind allerdings Sorgfalt und Geduld der Eltern. Wird sie Matti helfen können?
Die Behandlung nach Ponseti
Kernstück der Ponseti-Methode ist die „Gips-Redressionsbehandlung“ mit wöchentlichem Gipswechsel für ca. vier bis sechs Wochen: Der Fuß wird schonend in eine bessere Stellung gebracht und mit einem Gipsverband fixiert, der bis zum Oberschenkel reicht, um die Position zu sichern.
Entwarnung: Die” Diagnose Klumpfuß hat durch moderne Behandlungsmethoden ihren Schrecken verloren. Große Operationen sind nicht nötig. Zugegeben, Geduld und Sorgfalt sind über Jahre hindurch erforderlich, aber sobald der Fuß ausgewachsen ist, ist das Ärgste geschafft und ein normales Leben möglich.
Wie häufig ist die Fehlstellung?
Der Klumpfuß ist die häufigste angeborene Fußfehlstellung. In Österreich ist eines von 900 Babys betroffen, Buben häufiger als Mädchen. Die Fehlstellung kann nur einen Fuß betreffen, in ca. 40 Prozent der Fälle tritt der Klumpfuß beidseitig auf. Hatte ein Elternteil bei der Geburt einen Klumpfuß, haben die Kinder ein erhöhtes Risiko, auch an dieser Fehlstellung zu leiden; wenn ein Großelternteil betroffen war, ist das Risiko immer noch leicht erhöht.
Was genau ist ein Klumpfuß?
Beim Klumpfuß haben sich Muskeln, Sehnen und Bänder nicht richtig entwickelt. Dadurch sind die Füße nach innen gedreht und zeigen nach unten. Die Achillessehne ist verkürzt. Auch die Gewebebeschaffenheit ist verändert, die Muskelfasern sind verhärtet, Fuß und Wade können behaart sein und mehr schwitzen als gewöhnlich.
Es gibt verschiedene Schweregrade des Klumpfußes, die nach der Pirani-Klassifizierung (Pirani Score) bestimmt werden. Dazu werden jeweils drei Kriterien für den Mittel- und Rückfuß mit 0 (normal), ½ (mäßig verändert) und 1 (abnormal) bewertet.
Anhand der Gesamtpunkteanzahl lässt sich abschätzen, wie effektiv sich die Füße durch eine orthopädische Behandlung korrigieren lassen werden. Füße der Klasse 1 („gutartige“, weiche Füße) sind besser korrigierbar als Füße der Klasse 4 (sehr schwere Klumpfüße).
Ein kleiner Teil der Kinder leidet an weiteren Problemen, z. B. einer neurologischen Schwäche, Arthrogrypose (Bindegewebsstörung) oder Spina bifida („Offener Rücken“.) In diesen Fällen spricht man vom „syndromassoziierten Klumpfuß“.
Wie sieht die Therapie aus?
Was kann man tun? Das Mittel der Wahl ist heute die Ponseti-Methode, mit der in den ersten Tagen nach der Geburt begonnen wird, um die Flexibilität des kindlichen Bewegungsapparats optimal zu nutzen. Sie hat den großen Vorteil, dass keine große Operation erforderlich ist, und besteht aus zwei bis drei Elementen:
- Zunächst einer „Gips-Redressionsbehandlung“ (französisch „redresser“: berichtigen) mit wöchentlichem Gipswechsel für ca. vier bis sechs Wochen: Der Fuß wird schonend in eine bessere Stellung gebracht und mit einem Gipsverband fixiert, der bis zum Oberschenkel reicht, um die Position zu sichern.
- Besteht am Ende der Gipsbehandlung immer noch ein Spitzfuß (die Ferse kann nicht abgesenkt werden, weil die Achillessehne zu kurz ist), erfolgt eine minimalinvasive Durchtrennung der Achillessehne. Der Grazer Orthopäde Univ.-Doz. Dr. Zwick betont: „In diesem Alter ist die biologische Kompetenz noch so groß, dass keine Sehnenplastik erforderlich ist. Innerhalb von drei bis vier Wochen bildet sich ein neues Stück Achillessehne.“ Während dieser Zeit wird der Gips belassen.
Abschließende Schienenbehandlung:
Um den Behandlungserfolg zu stabilisieren, folgt eine Schienenbehandlung. Dazu wird Matti Schuhe tragen, die auf einer Schiene fixiert sind, eine gewisse Bewegungsfreiheit ist also gegeben. Diese Schiene muss er die ersten drei Monate 24 Stunden am Tag tragen, danach bis zum vierten oder fünften Lebensjahr zu den Schlafenszeiten. Die Tragezeiten müssen deshalb so gewissenhaft eingehalten werden, weil die Wadenmuskulatur bei einem Klumpfuß besonders starr ist und den Fuß schnell wieder nach innen ziehen könnte.
Die Ponseti-Schiene sorgt dafür, dass die Fußposition korrekt bleibt, das Kind die Beine aber trotzdem zu einem gewissen Grad bewegen kann.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Nach dieser Intensivphase sind bis zum Einschulungsalter regelmäßige, engmaschige Kontrolluntersuchungen beim Kinderorthopäden oder der Kinderorthopädin unabdingbar. Dabei wird die Fußstellung kontrolliert und untersucht, ob es eventuell zu sekundären Fehlentwicklungen gekommen ist. Es könnte z. B. sein, dass sich der Großzehenstrahl zu heben beginnt und sich die große Zehe nicht mehr auf den Boden absenken lässt. Erkennt man derartige Phänomene früh genug, lassen sie sich leicht durch eine kleine Operation beheben.
Außerdem wird überprüft, ob das Schuhwerk passt: Fußgerechte Kinderschuhe, in denen der Fuß genug Platz hat und die über eine weiche Sohle verfügen, sollen die korrekte Entwicklung der Fußmuskulatur unterstützen, was beim Klumpfuß besonders wichtig ist. Auch die Körperhaltung und korrekte Bewegungsabläufe sind Teil des Behandlungsplans.
Dr. Zwick: „Hier hat sich eine begleitende Physiotherapie sehr bewährt, bei der vor allem den Eltern gezeigt wird, wie sich das Kind – spielerisch! – am besten bewegt.“ Regelmäßiges, häufiges Üben ist essenziell. Am besten ist es, wenn dem Kind gar nicht bewusst ist, dass es Bewegungsübungen absolviert, sondern das in der Form eines interessanten Spiels geschieht. Matti jedenfalls liebt diese Spiele und seine Füße danken es ihm. Überhaupt hat die Ponseti-Behandlung bei ihm prima angeschlagen, seine Chancen stehen sehr gut.
Geschafft!
Ist der Fuß ausgewachsen, was bei Mädchen mit 12 bis 13 und bei Burschen mit 14 bis 15 Jahren der Fall ist, ist das Ärgste geschafft. Wenn nur eine Seite betroffen ist, ist der betreffende Fuß zwar oft eine bis zwei Schuhnummern kleiner und die Wade dünner als auf der gesunden Seite. Aber das Wichtigste ist: Auch Kinder wie Matti können ganz normal gehen und Sport treiben. Dr. Zwick weiß sogar von SpitzensportlerInnen, die Klumpfußpatienten waren.
Kletterfüßchen
Kletterfüßchen sehen aus wie Klumpfüße, sind aber keine Fehlstellung, sondern nur eine Fehlhaltung, häufig durch eine ungünstige Lage im Mutterleib entstanden. Sie lassen sich durch bloße Physiotherapie und Taping behandeln.
Rebellischer Klumpfuß
Dabei handelt es sich um eine besonders schwere Ausprägung, bei der es zu Rückfällen (Rezidiven) kommt. In diesem Fall sind oft Operationen wie eine Kapselöffnung zur Umstellung des Fußgelenks erforderlich.
Autor:in:
Mag. Elisabeth Sorantin hat Sprach- und Literaturwissenschaften studiert und sich vor allem auf die Vermittlung von komplexen Sachverhalten in einer allgemein verständlichen Sprache spezialisiert. Aktuelle Artikel