Zuständig für die Versorgung des ungeborenen Kindes mit Nährstoffen und für den Abtransport von Abfallprodukten, ist er ein faszinierendes Wunderwerk der Natur: die Plazenta, auch Mutterkuchen oder Fruchtkuchen genannt.
Erst wenn der Mutterkuchen mit der Nachgeburt auf die Welt gebracht wurde, gilt der Geburtsprozess als abgeschlossen. Dafür kommt es innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt zu einer erheblichen Lösungsblutung. Kontraktionen der Gebärmutter bringen schließlich den Mutterkuchen mitsamt der Fruchtblase und den Eihäuten hervor.
Nicht selten bekommen frisch gebackene Väter in diesem Moment weiche Knie. Wenig verwunderlich, schließlich lässt gerade die größte Anspannung nach, und nebst vielen Emotionen liegt der Geruch von reichlich frischem Blut in der Luft.
Aufgaben der Plazenta
Trotzdem lohnt es sich, das faszinierende Wunderwerk der Natur näher zu betrachten. Schließlich war die Fruchtblase eine ganze Weile lang das Zuhause des Ungeborenen und der Mutterkuchen musste eine Vielzahl von Funktionen erfüllen:
- Am Anfang bildet das Plazentagewebe eine schützende Barriere zwischen Mutter und ungeborenem Kind. Beide haben naturgemäß getrennte Blutkreisläufe, eine ausgeklügelte Zellmembran verhindert einen direkten Blutaustausch. Nur so kann sich der Embryo, der häufig eine andere Blutgruppe als seine Mama aufweist, ungehindert bei ihr einnisten.
Das von der Urform des Mutterkuchens produzierte Humane Chorion Gonadotropin (HCG) sorgt in dieser Phase dafür, dass die Eizelle nicht abgestoßen wird und dass für die Schwangerschaft wichtige hormonelle Prozesse in Gang kommen. - In der zweiten Schwangerschaftshälfte rückt die Versorgungsfunktion in den Vordergrund.
Die anfänglich schützende Barriere lässt nun Nährstoffe, Sauerstoffmoleküle, aber auch einige schädliche Substanzen wie viele Medikamente, Nikotin und Alkohol zum Ungeborenen durch. Nicht alle Stoffe, Bakterien und Viren können freilich die sogenannte Plazentaschranke passieren. Das erklärt auch, warum nicht alle Medikamente in der Schwangerschaft erlaubt sind und einige Viren (z. B. Rötelviren) eine Infektion verursachen, während andere (etwa das HI-Virus) erfolgreich abgehalten werden können.
Baum des Lebens
Am Ende der Schwangerschaft ist die Plazenta dann etwa ein halbes Kilogramm schwer. Dieses Ausmaß entwickelt sie im Lauf der Schwangerschaft durch embryonale Zellen und Zellen der Gebärmutterschleimhaut.
Die mütterliche Seite der Plazenta besteht aus schwammartigen Gewebestücken, die dicht an dicht liegen, zwei bis vier Zentimeter hoch sind und gemeinsam eine etwa tellergroße rundliche Form ergeben.
An welcher Stelle der Mutterkuchen an der Gebärmutterinnenwand anwächst, ist Zufall:
- Er kann an der Hinter- oder Vorderwand oder im oberen Bereich der Gebärmutter andocken.
- Legt er sich – wie in einer von fünf Schwangerschaften – just vor den Gebärmutterhals (Plazenta praevia totalis), macht das eine vaginale Geburt unmöglich.
Auf kindlicher Seite befinden sich die Nabelschnur, Ansätze der Fruchtblase und Blutgefäßen. Dieses Gefäßgeflecht gleicht übrigens einem Bäumchen und wird daher auch liebevoll „Baum des Lebens“ genannt.
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel