Urlaub in der Schwangerschaft
Wenn Schwangere die Reiselust packt, gibt’s einiges zu beachten…
Sich mit einem Insider auf den Weg zu machen, heißt in diesem ganz speziellen Fall nicht, den Spuren eines „Lonely Planet“-Freaks zu folgen. Vielmehr geht es darum, mit Baby im Bauch zu reisen. Der „blinde Passagier“ hat dabei ein gehöriges Wörtchen mitzureden.
Denn Ungeborene
- lieben friedliche Länder,
- einen guten Hygienestandard,
- möchten nicht mit Reisekrankheiten in Kontakt kommen
- und bevorzugen ein gut ausgebautes medizinisches Versorgungsnetz.
Außerdem scheinen sie zu wissen, dass zwischen „Urlaub machen“ und „eine Reise tun“ ein meilenweiter Unterschied besteht.
Im „klassischen Urlaub“ bewegt man sich von A nach B, lässt sich dort nieder und die Seele baumeln. Der Erholungseffekt tritt oft schon durch den Tapetenwechsel und die Unterbrechung des Alltagstrotts ein. Urlaub ist also ideal für die Zeit der Schwangerschaft und einer anstrengenden Reise vorzuziehen. Wer im näheren Umkreis bleibt, spart sich zudem die Strapazen der Anreise und eines größeren Klimawechsels.
Tipps fürs Reisen
- Bei einer Anreise mit dem Auto sollten kürzere Etappen und längere Pausen eingeplant werden, um sich die Beine zu vertreten. Idealerweise nimmt die Schwangere auf dem Beifahrersitz Platz und muss nicht selbst das Steuer übernehmen. Denn Müdigkeit und Konzentrationsstörungen sind schon im normalen Alltag problematisch, im Straßenverkehr können sie indes fatal enden.
- In öffentlichen Verkehrsmitteln sind Gangplätze fein. Das macht den Weg auf die Toilette einfacher, und Beinfreiheit erhöht immer den Komfort.
- Flugreisen sind grundsätzlich unbedenklich, für manche Menschen aber mit großer Aufregung verbunden. Der erhoffte Erholungseffekt sollte daher unbedingt dem zu erwartenden Stresslevel der An- und Abreise gegenübergestellt werden. Wenn diese Rechnung nicht aufgeht, findet sich sicher eine passende Alternative.
Die Bestimmungen über die Mitnahme Schwangerer sind übrigens in den Transportbedingungen der Fluglinien geregelt. Meist muss die Heimreise vier Wochen vor dem Geburtstermin angetreten und dafür ein ärztliches Attest oder der Mutter-Kind-Pass zum Nachweis vorgelegt werden.
Reisen ans Meer
Wenn das Fernweh ans Meer zieht, lässt sich mit Sicherheit eine Destination finden, die den besonderen Ansprüchen dieser Lebensphase gerecht wird. In Mitteleuropa kann jedenfalls in Sachen Unbedenklichkeit der Wasserqualität für die meisten Gewässer grünes Licht gegeben werden. Gut so, denn Infektionen sind wahrlich keine Souvenirs, die man aus dem Urlaub mitbringen möchte.
Um Infektionen tunlichst zu vermeiden, ist vor allem eine kleine Maßnahme mit großer Wirkung anzuraten: nämlich das Immunsystem nicht durch den Kältereiz eines nassen Badegewandes zu schwächen und sich lieber rasch umzuziehen.
Denn Infekte erhöhen das Risiko
- vorzeitiger Wehen,
- eines frühzeitigen Blasensprung
- oder von Frühgeburten.
Wenn auf einen Badetag ein Harnwegsinfekt folgt, waren es meist körpereigene Bakterien, die versehentlich in die falschen Körperregionen gelangt sind.
Bergurlaub
Wenn der Berg ruft, machen sich Bergfexe auf den Weg. Bei guter Kondition ist gegen einen Wanderurlaub wenig einzuwenden. Wäre da nicht das Problem mit atemberaubenden Höhen. Denn was sich nach einer Metapher anhört, muss in der Schwangerschaft wortwörtlich genommen werden. Tatsächlich existiert eine Obergrenze dafür, wie hoch hinaus es gehen darf. Die Luft wird nämlich „dünner“, hat einen geringeren Sauerstoffgehalt. Was normalerweise gut kompensiert wird, strengt den Körper in der Schwangerschaft aber zu sehr an und führt zu einer unzureichenden Versorgung des Babys.
- Um sich gut zu akklimatisieren, sollte pro 500 Höhenmeter Unterschied ein Ruhetag eingerechnet werden.
- Bei 2.500 Höhenmetern ist für sportliche Aktivitäten aber der Gipfel erreicht – unabhängig davon, ob man sie mit der Seilbahn oder zu Fuß erklommen hat.
Impfungen
Wenn sich eine Fernreise nicht vermeiden lässt oder für heimische Gefilde der Impfstatus aufgefrischt werden muss, gilt: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich.“
Einige Impfungen, wie die Grippeimpfung oder eine Grundimmunisierung gegen Hepatitis B, sind für Schwangere sogar ausdrücklich empfohlen. Auch sollte ausreichender Impfschutz gegen die durch Zeckenbisse übertragene Frühsommermeningitis (FSME) oder den gefährlichen Wundstarrkrampf (Tetanus) bestehen.
Corona Schutzimpfung: Internationale Studien und Daten der Covid-Geburtshilfe an der Klinik Ottakring, die seit Anfang der Pandemie den Großteil der Corona-positiven Schwangeren im Großraum Wien betreut belegen, dass Schwangere sich grundsätzlich nicht leichter als andere Frauen an Corona infizieren. Aber im Fall einer Corona Erkrankung besteht ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe sowie ein erhöhtes Risiko einer Frühgeburt. Nach dem aktuellen Wissenstand empfiehlt das Nationale Impfgremium nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung mit dem behandelnden Arzt die Corona-Schutzimpfung für Schwangere.
Reisen, die viele Impfungen erforderlich machen, führen meist in Länder, die man in der Schwangerschaft ohnehin besser nicht besucht. Um sich nicht mit Krankheitserregern zu infizieren, die über verunreinigtes Wasser oder Lebensmittel in den Körper gelangen, gibt die WHO den Grundsatz aus: „Peel it, boil it, or leave it!“ ( „Schäle es, koche es oder lass es sein!“) Trinkwasser sollten schwangere Urlauberinnen nur abgekocht oder aus originalverpackten Flaschen zu sich nehmen. Auch auf hausgemachtes Speiseeis und Eiswürfel in Getränken verzichten sie besser und putzen sich konsequenterweise mit Mineralwasser die Zähne.
Reiseapotheke
Viele Medikamente sind in der Schwangerschaft tabu. Beim Zusammenstellen einer Reiseapotheke sollte also ärztlicher Rat eingeholt werden.
Auf jeden Fall kann man aber einpacken:
- Sonnenschutzmittel mit einem hohen Lichtschutzfaktor,
- Insektenschutzmittel,
- Magnesium gegen Krämpfe,
- Kohletabletten als Soforthilfe bei Durchfallerkrankungen,
- Thromboseprophylaxe bei langem Sitzen oder für Flugreisen,
- Lactobazillen, um die Balance der Scheiden- oder Darmflora zu bewahren,
- Desinfektionsmittel und Verbandsmaterialien.
Die meisten Schwangeren fühlen sich im 2. Trimenon (13.-27. SSW) am wohlsten. Dann sind wichtige Untersuchungen schon erledigt, Ãœbelkeit und Müdigkeit meist passé, und der Bauch ist noch nicht allzu groß. Um sich auf das „Abenteuer Baby“ so richtig einzustimmen, ist ein Urlaub nun also wunderbar!
Autor:in:
Katharina Wallner ist frei praktizierende Hebamme, Pädagogin und unterrichtet an der Fachhochschule Campus Wien am Studiengang Hebammen. Sie begleitet Familien von der Schwangerschaft bis ins Kleinkindalter. Aktuelle Artikel