Mundgesundheit ist besonders in der Schwangerschaft ein wichtiges Thema. Dr. Petra Drabo, Zahnärztin in Wien, erklärt, warum Zahnprobleme der Mutter dem Ungeborenen schaden können und wie Mama und Kind auch morgen noch kraftvoll zubeißen können …
„Es ist wichtig zu bedenken, dass bereits in der Schwangerschaft die Zahngesundheit des Ungeborenen beginnt! In dieser Zeit sind die Frauen motiviert, das Beste für ihr Kind zu tun. Gewohnheitsveränderungen, wie beispielsweise ein Wechsel zu einer zahngesunden Ernährung, sind für viele Frauen in der Schwangerschaft leichter durchführbar“, weiß Petra Drabo aus langjähriger Erfahrung in ihrer zahnärztlichen Praxis.
Entzündungen vermeiden
In der Schwangerschaft macht häufig das Zahnfleisch wegen der stärkeren Durchblutung die meisten Probleme. Dies trifft vor allem auf Frauen zu, die vor der Schwangerschaft geraucht haben. Bei der kleinsten Entzündung des Zahnfleisches, die in den meisten Fällen durch unsachgemäßes Reinigen verursacht wird, kann es zu Zahnfleischbluten kommen. „In der Schwangerschaft empfehle ich ganz dringend zwei Mundhygienesitzungen: die erste nach den ersten zwölf Schwangerschaftswochen, die zweite zu einem Zeitpunkt, an dem die Frau noch relativ gemütlich am Zahnarztstuhl liegen kann“, so Drabo.
Eine unbehandelte Parodontitis, also eine Entzündung des Zahnfleisches sowie des Zahnhalteapparates, kann in der Schwangerschaft auch das Ungeborene gefährden. Das Frühgeburtsrisiko ist dadurch erhöht, wie verschiedene wissenschaftliche Studien belegen. „Das ist deshalb der Fall, weil es sich dabei um eine chronische Entzündung im Körper handelt, die grundsätzlich, speziell aber eben in der Schwangerschaft negative gesundheitliche Auswirkungen hat“, erklärt Zahnärztin Drabo. Um dies zu vermeiden, ist es ratsam, schon vor einer geplanten Schwangerschaft eine zahnärztliche Untersuchung und Mundhygiene sowie eine allfällige Zahnbehandlung vorzunehmen.
„Das Wichtige an einer Mundhygienesitzung ist ja nicht nur die einmalige gründliche Reinigung, sondern die Anleitung, wie die Patientin ihre Zähne langfristig in diesem sauberen Zustand halten kann. Wir versuchen sozusagen das gesamte Thema Mund und Zahnhygiene auf ein höheres Level zu bringen!“
Die Sache mit der Übelkeit
Schwangerschaftserbrechen ist nicht nur eine unangenehme Sache, sondern – wie jede Form von Erbrechen – auch eine Gefahr für die Zähne. Denn durch die Magensäure wird der Zahnschmelz angegriffen. Das Einzige, was dem härtesten Material im Körper etwas anhaben kann, ist nämlich Säure. Daher empfiehlt die Zahnmedizinerin, nach dem Erbrechen mit einer fluoridhaltigen Mundlösung auszuspülen, um den Angriff auf den Zahnschmelz zu reduzieren.
Karies & Co.
Gerade wenn nach den ersten Wochen die allfällige Übelkeit vorüber ist, sind werdende Mütter versucht, immer wieder zwischendurch kleine Snacks zu naschen. Das ist grundsätzlich nicht schlecht, kann aber laut Petra Drabo für die Zähne zur Gefahr werden: „Auch scheinbar Gesundes wie Müsliriegel oder Trockenfrüchte sollten nicht stetig verzehrt werden, da dadurch Karies entstehen kann.“ Für sie ist eine ausgewogene Ernährung das A und O für gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch in der Schwangerschaft.
Das trifft auch auf die Flüssigkeitsaufnahme zu: Wasser und ungesüßte Getränke sorgen für eine gute Mundflora. „Nicht zu vergessen ist ein gesundes Immunsystem für ein gesundes Zahnfleisch. Die vom Frauenarzt verschriebenen üblichen Vitaminpräparate können unterstützend eingenommen werden.“ So legt die werdende Mutter für ihr ungeborenes Baby eine gute Grundlage. Und auch für sich selbst für die Stillzeit, die vor ihr liegt.
Zahnprophylaxe von Anfang an
Apropos Stillen: Noch bevor das Kind geboren ist, empfiehlt die Zahnärztin ihren Patientinnen, eine Stillgruppe aufzusuchen. „Stillen ist für das Kind aus zahnärztlicher Sicht so wichtig, weil die Saugbewegung eine physiologische ist. Die Zunge liegt dabei richtig. Bei der Flasche hingegen wird die Zunge stets in eine falsche Position in den Unterkiefer gedrängt. Dadurch bleibt – verstärkt durch Schnuller oder Daumenlutschen – der Oberkiefer im Vergleich zum Unterkiefer klein. Die Gesichtsmuskulatur kann sich nicht so stark entwickeln und die Lippen werden schlaff.
Bei der Flaschenernährung wird die Nasenatmung nicht so intensiv geübt, das Immunsystem nicht durch die mütterlichen Antikörper unterstützt, und Nasenwandinfekte sind wahrscheinlicher.
Beim Stillen hingegen findet eine intensive Nasenatmung statt. Diese Kraft der Lippen, die richtige Zungenlage und die Saugkraft müssen geübt werden. Das wäre das perfekte physiologische Zusammenspiel. Denn die richtige Kieferform und Kiefergröße sind eine wichtige Grundlage für die spätere Zahnstellung!“ Und wenn es mit dem Stillen trotz Beratung nicht klappen sollte oder die Mutter nicht stillen möchte? Dann empfiehlt Dr. Drabo speziell geformte Sauger mit einem möglichst kleinen Loch.
Der erste Zahn
Auch wenn der erste Zahn meist erst nach sechs Monaten sichtbar wird, beginnt die Vorsorge für gesunde Zähne viel früher.
- Als Erste lassen sich normalerweise die zwei mittleren Zähne im Unterkiefer blicken.
- Mit einer Babyzahnbürste oder einem kleinen Fingerling werden die Frontzähne auf Vorder- und Rückseite zweimal täglich mit einer Babyzahnpasta gereinigt.
- Am besten liegt das Baby dabei am Wickeltisch, so gewöhnt es sich an das Zahnputzritual.
„Natürlich sollen die Eltern auch regelmäßig in den Mund und auf die Zähne schauen: Wenn die ersten Oberkieferzähne kommen, die Lippen hochheben. Viele Eltern schauen zu wenig genau auf die Zähne und übersehen erste Anzeichen von Karies. Das kann leider auch bei vollgestillten Kindern passieren, wenn sie in der Nacht exzessiv gestillt werden. Die sogenannte Stillkaries entsteht durch das stundenlange Nuckeln der süßen Muttermilch. Alles, was lange im Mund bleibt, kann die Zähne gefährden.“ Daher müssen Mütter auch bei ihren vollgestillten Babys auf Zahnpflege und Zahnkontrolle achten.
Aus diesem Grund bedauert Dr. Drabo, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde, dass im Mutter-Kind-Pass noch keine zahnärztliche Kontrolle vorgesehen ist. Für strahlend weiße, gesunde Zähne und gesundes Zahnfleisch ist daher die Selbstverantwortung jeder Frau gefragt – für sich und für ihr (ungeborenes) Baby.
Autor:in:
DI Roswitha Wurm Dipl. Legasthenie-, Dyskalkulie- und Lerntrainerin, Buchautorin und freie Redakteurin, (Sport)mentaltrainerin https://lesenmitkindern.at/ Aktuelle Artikel